29.09.2023

Der Energiebedarf der Gigafactories

Strombedarf der weltweit geplanten Batteriefabriken im Jahr 2040 steigt auf 130.000 Gigawattstunden.

Mit dem derzeitigen Stand der Produkt- und Produktionstechnologie wird der Strombedarf aller weltweit geplanten Batteriefabriken im Jahr 2040 mit 130.000 Gigawattstunden im Jahr so groß sein wie der heutige Elektrizitäts­verbrauch von Norwegen oder Schweden – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Forscherteams rund um Florian Degen von der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB. Durch neue Produkt- und Produktions­technologien kann die Batteriezell­produktion jedoch so optimiert werden, dass bis zu 66 Prozent eingespart werden können, was dem Energie­verbrauch von Belgien oder Finnland entspricht. 

Auf der Nutzfläche der im Bau befindlichen „FFB PreFab“ in Münster wird...
Abb.: Auf der Nutzfläche der im Bau befindlichen „FFB PreFab“ in Münster wird eine Musterlinie für die kleinskalige Batteriezellproduktion aufgebaut.
Quelle: Fh. FFB

Mit der stark wachsenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen wächst der Markt für Batterien rasant und beschleunigt den Bedarf an Batteriezell­fabriken. Eine Studie des Weltwirtschaftsforums und der Global Battery Alliance prognostiziert, dass der weltweite Bedarf an Batterien bis 2030 auf 2600 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr wachsen wird. Zum Vergleich: 2022 lag die Nachfrage bei etwa 400 GWh. Jedoch ist die Herstellung von Batteriezellen aufgrund der jetzigen Produktions­prozesse sehr energieintensiv und es fallen hohe Treibhausgas­emissionen an. 

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich der Energieverbrauch der Batteriezell­produktion entwickeln wird und wie dieser durch Produktions- und Material­technologien zukünftig gesenkt werden kann. Hierzu hat das Forscherteam – Florian Degen (Fraunhofer FFB), Martin Winter (Münster Electrochemical Energy Technology (MEET) der Universität Münster; Helmholtz-Institut Münster) Jens Tübke (Fraunhofer FFB, KIT) sowie David Bending (Universität Münster; REACH - EUREGIO Start-up Center) analysiert, wie viel Energie für die derzeitige und zukünftige Produktion auf Ebene der Batteriezellen und auf makroöko­nomischer Ebene benötigt wird. Dazu wurde zwischen Lithium-Ionen-Batterien (kurz LIBs) und alternativen Batterie­zellen, den Post-Lithium-Ionen-Batterien (kurz PLIBs), unterschieden.

In der Automobilindustrie und weiteren Industriezweigen befindet sich die Hochskalierung der Batteriezellfertigung noch in einem frühen Stadium, doch Florian Degen weist auf den zukünftigen Strombedarf hin: „Nicht nur in Europa, sondern auch in Asien und Nordamerika wird der Bau von Batteriezell­fabriken gefördert, um den notwendigen Mobilitätswandel voranzutreiben. Der Strombedarf wird sich bis 2040 auf 130.000 Gigawattstunden im Jahr vervielfachen. Dies entspricht dem jährlichen Strombedarf von Norwegen oder Schweden im Jahr 2021.“ Laut der Studie werden mit dem heutigen Know-how und Stand der Produktions­technologie für die Fertigung einer Batteriezelle mit einer Speicher­kapazität von einer Kilowattstunde zwanzig bis vierzig Kilowattstunden Energie benötigt, je nach produziertem Batterietyp und auch ohne, dass das Material mitberücksichtigt wird. 

Die Studienergebnisse des Forscherteams prognostizieren, dass durch technologische Verbesserungen der Produktion, wie zum Beispiel der Einsatz von Wärmepumpen, alternativen Trocknungs­technologien, neuen Trockenraumkonzepten u.v.m. sowie durch Lern- und Skaleneffekte, bis 2040 bis zu 66 Prozent Energie eingespart werden können. Diese potenziellen Einsparungen entsprechen dem Elektrizitätsverbrauch von Belgien oder Finnland im Jahr 2021. Ebenso zeigen die Ergebnisse auf, dass für die Produktion alternativer Batterie­technologien, wie  etwa von Feststoffbatterien deutlich weniger Energie je erzeugter Batteriespeicher­kapazität benötigt wird als für die Produktion von heutigen Lithium-Ionen Batterien. 

Aktuell stellen LIBs aufgrund ihrer hohen Energiedichte für größere Reichweiten und langen Batterie­ladezyklen (1.000 bis 6.000 Zyklen) auf dem Markt die dominierende Batterie­technologie dar. Diese decken daher ein breites Einsatzspektrum in E-Autos oder -Lkws und in stationären und mobilen Endgeräten ab. „Neben exzellenter Performanz und weitestgehender Recyclingfähigkeit werden die Energieeffizienz und die damit zusammenhängenden Kosten – sowohl für den Zusammenbau als auch für den Betrieb von Batteriezellen – in Zukunft immer mehr die Technologiewahl mitbestimmen, gerade auch für Batterien jenseits der Lithium-Ionen-Technologie“, sagt Martin Winter, Direktor des Helmholtz-Instituts Münster des Forschungszentrums Jülich. 

Der Fokus der Fraunhofer FFB liegt auf der Erforschung neuartiger und innovativer Produktions­technologien. Dazu werden auf Basis umfangreicher Erfahrungswerte aus Wissenschaft und Praxis sowie aus Untersuchungen an der eigenen Infrastruktur Lösungen erarbeitet, die nachhaltig die gesamte Wertschöpfungs­kette optimieren. Zum Beispiel können Environment-Lösungen einen entscheidenden Beitrag leisten, um Energie- und Betriebs­kosten zu reduzieren. „Unser Ziel ist es einerseits die Produktion von heutigen Batterien (LIBs) nachhaltiger und kostengünstiger zu gestalten, andererseits die industrielle Produktion von zukünftigen Batteriezellen (PLIBs) überhaupt erst zu ermöglichen“, hebt Florian Degen hervor.

Die Batteriezellfertigung spielt eine zentrale Schlüsselrolle für die Mobilitätswende und damit für das Erreichen der nationalen Klimaschutz­ziele. Dabei ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren die Lithium-Ionen-Technologie den Batterie­markt weiterhin beherrscht – vorerst. Um den enorm hohen Energiebedarf der Batteriezell­fabriken zu decken, sind weitere Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung, insbesondere für alternative Batterie­technologien, in Deutschland und Europa unabdingbar. Hierdurch ließe sich zukünftig fünfzig Prozent und mehr des heutigen Energiebedarfs einsparen.

FhG / JOL

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