27.07.2020

Der Feuerring der Venus

Computer simulieren die heutigen Aktivitäten von Coronae-​Strukturen auf der Oberfläche des Planeten.

Auf der Oberfläche der Venus entdeckten Planeten­forscher schon vor Jahren auf hochauf­lösenden Bildern der Nasa-​Mission „Magellan“ eigenartige ringförmige Strukturen. Coronae werden diese genannt, und Geophysiker der ETH Zürich um Taras Gerya erforschten vor einigen Jahren mithilfe von Computer­modellen, wie diese Strukturen entstanden sein könnten. Bis heute gehen die meisten Forscher davon aus, dass Mantelplumes, die tief aus dem Inneren des Planeten aufsteigen, die kreisförmigen Strukturen an der Oberfläche hervor­bringen.

Abb.: Der kreis­runde Berg im Vorder­grund ist eine 500 Kilometer große...
Abb.: Der kreis­runde Berg im Vorder­grund ist eine 500 Kilometer große Corona in der Galindo-​Region der Venus. (Bild: NASA / JPL / USGS)

Mantelplumes sind Säulen aus heißem, geschmolzenen Gestein, das durch Konvektions­bewegungen im unteren Mantel bis zur Kruste gelangt. Dort breitet sich der oberste Teil der Säule pilzförmig aus. Die mitgeführte Hitze schmilzt die darüberliegende Kruste kreisförmig auf. Konti­nuierlich aus der Tiefe empor­steigendes Material verbreitert den Kopf des Plume und weitet die Ringstruktur auf der Oberfläche aus – eine Corona entsteht. Die harte Kruste, welche den Mantelplume umgibt, zerbricht und taucht schließ­lich unter den Rand der Corona ab, was lokal tektonische Prozesse in Gang setzt.

Doch die Topo­grafie von Coronae sind mitnichten homogen oder einfach zu beschreiben. „Auf der Venus-​Oberfläche kommen solche Strukturen in einer großen Vielzahl von Formen und Größen vor“, sagt Anna Gülcher, Doktorandin in Geryas Forschungs­gruppe. Mithilfe eines größeren Satzes von verbes­serten 3D-​Simulationen hat Gülcher die Coronae deshalb erneut untersucht, um die Vielfalt der Oberflächen­topografie mit darunter ablaufenden Prozessen zu verknüpfen. Die neuen Simulationen zeigen, dass die Topografie einer Corona davon abhängt, wie dick und stark die Kruste an der Stelle ist, an welcher ein Mantel­plume auftrifft. Dabei ging klar hervor, dass die Coronae-​Topo­grafien davon abhängen, wie aktiv die darunterliegende Magmasäule ist.

Diese Unterscheidung erlaubte es der Forscherin und ihren Kollegen, über hundert große Coronae der Venus in zwei wesentliche Gruppen einzuteilen, nämlich solche, unter denen derzeit ein aktiver Plume aufsteigt und geschmol­zenes Material mitführt, und jene, unter denen der Plume erkaltet und inaktiv geworden ist. „Jede Corona-​Struktur hat eine spezifische Signatur, die anzeigt, was darunter vor sich geht“, sagt Gülcher. Alle aufgrund ihrer Aktivität eingeteilten Coronae trug die Forscherin auf einer Venus-​Karte ein. Zu ihrer Über­raschung konnte sie die meisten der Strukturen, die über aktiven Mantelplumes liegen, auf einem Gürtel in der unteren Hemisphäre der Venus verorten. Nur wenige aktive liegen außerhalb dieses Bandes. Gülcher: „Wir nannten es deshalb in Anlehnung an den Pazi­fischen Feuerring der Erde den Feuerring der Venus.“ Sie geht davon aus, dass der Feuerring der Venus mit einer Zone zusammen­fällt, in der besonders viel Plume-​Material aufstößt.

Es sei jedoch wichtig zu beachten, dass auf der Erde die Platten­tektonik für die Lage und Dynamik des Feuerrings verantwortlich sei. Auf der Venus sei es vertikaler Hotspot-​Vul­kanismus, der auf der Erde nur an wenigen Orten vorkomme. Weshalb sich die Mantelplumes auf der Venus genau in solch einem Gürtel anordnen und was dies heißt in Bezug auf Prozesse, die sich tief im Inneren dieses Planeten abspielen, ist eine wichtige Frage. Diese könnte in künftigen Studien mit Computer­simulationen im grossen Maßstab angegangen werden, erklärt Gülcher.

In ihren Modellen simulieren die Forscher nur wenige hundert Kilometer des obersten Teils eines Mantel­plumes. In Realität aber könnten solche Magma­säulen über eintausend Kilometer lang sein. „Die gesamte Länge zu simulieren, kommt aufgrund der erforderlichen Rechen­kapazität nicht in Frage“, sagt Gülcher. Nur schon die aktuellen Simulationen sind achtmal größer als bisherige. Von ihren Erkenntnissen erhoffen sich die Planeten­forscher auch neue Einsichten darüber, wie Mantelplumes im Inneren der Erde funktionieren. Sie dürften verantwortlich sein für die Entstehung von Hotspot-​Vulkanismus wie er sich beim Hawaii­anischen Insel­archipel äußert. Mantelplumes könnten zudem ein Auslöser für die auf der Erde beobachtete Platten­tektonik gewesen sein, wie die Forschungs­gruppe von Taras Gerya ebenfalls mit Hilfe von Simulationen aufzeigte. Wie damals erwähnt, könnte die Venus als Modell für die Prozesse dienen, die sich auf der frühen Erde abgespielt haben könnten.

ETHZ / JOL

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