Der Gecko als Vorbild
Neue Technologie für nanostrukturierte Kunststoff-Oberflächen.
Der Lotuseffekt lässt Wasser rückstandslos von Blättern abperlen und schützt Pflanzen vor Schmutz. Feinste Härchen und Lamellen an den Füßen lassen Geckos kopfüber an glatten Oberflächen haften. Solche Meisterleistungen der Natur wollen die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Halle zum Vorbild nehmen: Gemeinsam mit fünf Unternehmen entwickeln sie ein kombiniertes Mikro- und Nanoprägeverfahren, mit dem sich die Oberflächen von Kunststoffen passgenau modifizieren lassen, um neue Materialeigenschaften zu ermöglichen.
Abb.: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme eines nanostrukturierten Kunststoffs. (Bild: Fh.-IWM)
Ursache für den Lotuseffekt und das Geckophänomen ist die Kombination aus einer speziellen chemischen Zusammensetzung des Materials und einer besonderen Struktur der Materialoberfläche im Mikro- und Nanometerbereich. Mitarbeiter des Fraunhofer IWM haben eine bereits patentierte Technologie entwickelt, die genau bei dieser Kombination ansetzt. „So können wir Polymere mit der gewünschten Strukturierung der Oberfläche im Mikro- und im Nanometerbereich erzeugen und Eigenschaften wie beispielsweise das Benetzungsverhalten oder die optische Reflexion des Kunststoffs optimieren. Das bietet viele Anwendungsmöglichkeiten in der Verpackungsindustrie und Biotechnologie, perspektivisch auch in der Medizintechnik und in der optischen Industrie“, sagt der Leiter des Projekts Andreas Heilmann.
Die Forscher entwickeln und nutzen Prägestempel, die den Kunststoffen dann in einer Heißprägeanlage die gewünschte Oberflächenstruktur verpassen. Im Rahmen des Förderprogramms „Unternehmen Region“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die bisherigen Forschungsergebnisse gemeinsam mit Unternehmen in eine industrienahe Technologie übertragen werden. Am 10. November fiel der Startschuss zum Verbundvorhaben „Kombinierte Mikro- und Nanostrukturierung von Kunststoffen“.
Das am Projekt beteiligte Unternehmen POLIFILM Extrusion GmbH will für Schutz-, Kaschier- und Verpackungsfolien aus Polyethylen gezielt die Topografie der Folienoberfläche und die Benetzbarkeit verändern. Dies soll unter anderem zur Verbesserung der Haftung von Klebern und Druckfarben führen. Für die Langzeitdatensicherung über einen Zeitraum von mehr als fünfhundert Jahren mit Silberhalogenid-Archivfilmen möchte die Filmotec GmbH aus Bitterfeld-Wolfen mit der neuen Technologie die Haftung zwischen Unterlage und fotografischer Emulsionsschicht weiter verbessern. Die für die Entwicklung der Technologie notwendigen Maschinenkomponenten werden durch die MABA Spezialmaschinen GmbH Bitterfeld-Wolfen und durch die Smart Membranes GmbH Halle an der Saale konstruiert und gefertigt. Die Materialbewertung und -charakterisierung erfolgt gemeinschaftlich durch die Polymer Service GmbH Merseburg und durch das Fraunhofer-IWM in Halle.
Mit dem Verbundvorhaben sollen mittelfristig Produkte entwickelt werden, die nachhaltig die wirtschaftliche Entwicklung der beteiligten Unternehmen unterstützen und der gesamten Region neue Impulse geben. Dieses Ziel unterstrich auch Marco Tullner, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Sachsen-Anhalt: „Die enge Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und Unternehmen ist der Schlüssel für mehr Innovationen. Das neue Verbundprojekt des Fraunhofer-IWM mit Unternehmen aus der Region wird eine Zukunftstechnologie voranbringen und die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen stärken.“
Fh.-IWM / RK