03.07.2018

Der kleinste Kraftmesser der Welt

Sensor detektiert Vibrationen im Nano­meter­bereich.

Kräfte messen ist etwas ganz Alltägliches – jede handelsübliche Küchen­waage macht das. Kompli­ziert werden Kraft­messungen aber, wenn man auch die Rich­tung der Kraft messen möchte, wenn hoch­präzise gemessen werden muss und wenn der Sensor auch noch auf Mikro­meter­größe ver­kleinert werden soll. An der TU Wien ist es jetzt gelungen, all diese Anforde­rungen zu erfüllen: Ein winziger Sensor-Chip mit einem Durch­messer von weniger als einem Zehntel­milli­meter wurde ent­wickelt. Er soll Raster­kraft­mikro­skope ver­bessern und könnte viel­leicht auch Roboter mit hoch­sensiblem Finger­spitzen­gefühl aus­statten.

Abb.: Der neuartige Kraftsensor. (Bild: TU Wien)

„Die meisten Kraft-Sensoren können Kräfte nur in einer Richtung messen“, sagt Alexander Dabsch von der TU Wien. „Für viele Anwen­dungen reicht das aber nicht aus – zum Beispiel, wenn man in einem Raster­kraft­mikro­skop eine dünne Spitze Atom für Atom über eine raue Ober­fläche gleiten lässt. Dann treten Kräfte in unter­schied­liche Rich­tungen auf, aus denen man wert­volle Infor­ma­tion gewinnen kann.“ Der neue Kraft-Sensor misst nicht nur die Rich­tung der Kraft in allen drei Raum­dimen­sionen, er kann auch noch Torsion präzise detek­tieren. Der Chip hat einen quadra­tischen Rahmen, der durch Kraft­ein­wirkung von außen leicht ver­bogen werden kann. In der Mitte befindet sich eine kreuz­förmige Struktur aus Silizium­drähten, dünn wie Fliegen­beine.

„Genau wie eine Gitarrensaite kann auch diese Silizium-Struktur vibrieren“, erklärt Dabsch. „Wir können diese Vibra­tionen gezielt anregen, indem wir ein äußeres Magnet­feld anlegen und dann Strom durch die Struktur fließen lassen. Dabei ent­steht eine Kraft, die Schwin­gungen aus­löst.“ Wenn man eine Gitarre stimmt, ändert man die Spannung der Saite und hört einen anderen Ton. Genau dasselbe Prinzip nutzt der Sensor, um Kraft­ein­wirkungen und Ver­bie­gungen am Rahmen zu messen. Die Schwin­gungs­frequenzen der Silizium-Struktur ändern sich, wenn eine äußere Kraft den Sensor ver­biegt. „Die Schwin­gungs­frequenz lässt sich auf wenige Hertz genau messen, das ermög­licht uns, die Ver­bie­gungen am Chip mit einer Präzi­sion im Nano­meter­bereich anzu­geben“, erklärt Dabsch.

Der neuartige Kraft-Sensor wurde bereits zum Patent ange­meldet. Die neue Mess­technik bietet viel­fältige Anwen­dungs­methoden. „Da unser Sensor extrem kompakt ist, liegt es nahe, über einen Ein­satz in Raster­kraft­mikro­skopen nach­zu­denken“, sagt Dabsch. „Aber es gibt natür­lich auch noch viele andere Möglich­keiten – von der Über­wachung mecha­nischer Ver­bie­gungen in Bau­werken bis hin zur Präzi­sions-Robotik, etwa wenn eine Maschine mit besonders empfind­lichen Objekten hantieren soll, auf die nur eine ganz bestimmte Maximal­kraft aus­ge­übt werden darf.“

TU Wien / RK

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