Der Mars-Maulwurf
Die InSight-Mission soll neue Erkenntnisse über das Marsinnere liefern.
Gebirgsbildung, Vulkanismus und Erdbeben werden durch die thermischen und mechanischen Kräfte im Inneren eines Planeten bestimmt. Um das Innere des Mars und seine Vergangenheit genauer zu entschlüsseln und herauszufinden, was die Erde im Vergleich so einzigartig macht, startet heute, am 5. Mai um 13.05 Uhr MESZ, eine Atlas-Trägerrakete vom kalifornischen Vandenberg mit der Raumsonde InSight an Bord zum Mars. Dort wird InSight am 26. November etwas nördlich des Äquators in der Ebene Elysium Planitia landen und seine Funktion als geophysikalisches Observatorium aufnehmen. Erstmals wird damit eine Mars-Mission als Forschungsschwerpunkt die Erkundung des Planeteninneren und seiner viereinhalb Milliarden Jahre währenden Entwicklung haben.
Abb.: Während der Mars-Mission InSight soll ein Bohrer bis zu fünf Meter tief in den Boden vordringen. (Bild: NASA / DLR)
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR steuert zur InSight-Mission der Nasa mit HP3 eines der drei Hauptexperimente bei: eine kleine Rammsonde, die sich fünf Meter tief in den Marsboden hämmern wird, um dabei in unterschiedlichen Tiefen die Temperatur und die Wärmeleitfähigkeit zu messen. „Der Mars ist als Ziel ideal: er ist gut zu erreichen und ein ideales Vergleichsobjekt zur Erde“, erklärt Tilman Spohn, der Leiter des Experiments HP3 vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin. Dort verlangsamten sich die Prozesse, die sich nach der Bildung eines Metallkerns im Planeteninneren und des darüber liegenden Gesteinsmantels und der Kruste abspielten, wesentlich rascher als auf der Erde. Im Mars sind deshalb möglicherweise bis heute die Fingerabdrücke jener Vorgänge, die in den erdähnlichen Planeten Kern, Mantel und Kruste bildeten, erhalten geblieben. „Verstehen wir diese Entwicklung auf dem Mars, dann verstehen wir auch viel besser, wie sie sich auf der Erde bis hin zur Bildung und Bewahrung des Lebens abspielte und dazu wie sich Mond, Venus und Merkur entwickelten. Vielleicht lernen wir von dieser Untersuchung des Mars sogar eine ganze Menge über die Entstehung von Gesteinsplaneten an anderen Sternen, den extrasolaren Planeten“, ergänzt Spohn. Gespannt sind die Forscher, ob - wie im Inneren der Erde - noch immer ein heißer, geschmolzener Kern das Zentrum des Mars bildet.
Die Mission InSight (Interior Exploration using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport) wurde im August 2012 als zwölfte Discovery-Mission ausgewählt. Wie alle bisherigen Missionen dieses Programms der Nasa untersucht auch InSight mit einer vergleichsweise kleinen Mission ein eher spezielles Thema der Planetenforschung. Zusammen mit der Transfer-Oberstufe hat die Mission nur eine Masse von 727 Kilogramm, die eigentliche Landesonde bringt sogar nur 360 Kilogramm auf die Waage. Aus diesem Grund ist es auch möglich, die Mission vom US-Luftwaffenstützpunkt Vandenberg an der amerikanischen Westküste mit einer Atlas V-401 Trägerrakete zu starten. Es ist der erste Raketenstart einer Planetenmission von diesem Nasa-Startplatz. Der Kontakt mit der Raumsonde während ihres Flugs zum Mars und während des Missionsbetriebs erfolgt über die 70-Meter-Antennen des Deep Space Networks der Nasa in Kalifornien, Australien und Spanien.
Nach der Ankunft am Mars wird ein Roboterarm zunächst das französische Marsbeben-Observatorium SEIS – Seismic Experiment for Interior Structure – auf die Oberfläche setzen. Das Seismometer zeichnet die von Marsbeben und Meteoriteneinschlägen ausgehenden Wellen auf, die durch den Planeten laufen. Anschließend wird um die Jahreswende 2018/19 das am DLR entwickelte Experiment HP3 von der Plattform auf den Marsboden gesetzt. HP3 ist eine Abkürzung, die für Heat Flow and Physical Properties Package steht. Das Experiment besteht aus dem auf dem Marsboden stationierten Gehäuse, an dessen Vorderseite eine vertikale Vorrichtung angebracht ist. Darin befindet sich eine 40 Zentimeter lange Rammsonde von 27 Millimetern Durchmesser – Maulwurf genannt – , die sich mit einem elektrisch angetriebenen Hammerschlagmechanismus über mehrere Wochen Zentimeter für Zentimeter in den Marsboden treiben wird. Die maximal erreichbare Tiefe beträgt fünf Meter.
Diese Stöße verursachen Beschleunigungen bis zum Vierzehntausendfachen der Erdbeschleunigung, weshalb die empfindliche Messtechnik im Inneren der Sonde durch eine spezielle Stoßdämpfung vor den auftretenden Belastungen geschützt werden muss. Ein Isolationssystem entkoppelt die Sensoren von den Stößen und minimiert die Belastungen der Sensorik. Hierfür kommen speziell patentierte Doppelspiralfedern zum Einsatz.
Das Herzstück des Experiments besteht aus einem mit Temperatursensoren bestückten Flachbandkabel, das vom Hammermechanismus in den Marsboden eingebracht wird. Einmal im Boden werden bis zu zwei Jahre lang Bodentemperaturmessungen durchgeführt, um das Temperaturgefälle im Untergrund zu bestimmen. Dabei können die Sensoren Temperaturdifferenzen von nur wenigen Tausendstel Grad Kelvin aufzeichnen, um so den sehr kleinen geothermischen Temperaturgradienten zu bestimmen. Zum Experiment gehört ferner das Radiometer RAD auf der Landesonde, mit dem die Temperatur der Marsoberfläche bestimmt werden kann. Die Kenntnis der Oberflächentemperatur ist von Bedeutung, um Störungen der Temperaturverteilung im Untergrund berechnen zu können.
DLR / JOL