05.02.2018

Der ruhigste Ort im All

Resultate der Lisa-Pathfinder-Mission über­treffen die Anfor­derungen für das Gravi­tations­wellen-Obser­vatorium Lisa.

Die endgültigen Ergeb­nisse des Esa-Satel­liten Lisa Path­finder (LPF) zeigten, dass nun die Anfor­derungen an Schlüssel­technologien von Lisa, dem zukünf­tigen Gravitations­wellen-Observa­torium im All, um mehr als einen Faktor zwei im gesamten Beobachtungs­band übertroffen werden konnten. Lisa soll im Jahr 2034 als Esa-Mission ins All starten und wird mit der Messung nieder­frequenter Gravitations­wellen von verschmel­zenden extrem masse­reichen schwarzen Löchern aus dem gesamten Universum und zehn­tausenden Doppel­sternen in unserer Galaxie lauschen.

Abb.: Lisa Pathfinder hat die Schlüsselelemente eines Gravitationswellen-Observatoriums im Weltraum erfolgreich getestet. (Bild: ESA, C.Carreau)

„Lisa Pathfinder hat die Schlüssel­technologien für Lisa wundervoll gezeigt: der perfekte ungestörte freie Fall zweier würfel­förmiger Test­massen im Herzen des Satelliten“, sagt Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitations­physik in Hannover und Direktor des Instituts für Gravitations­physik der Leibniz Univer­sität Hannover. „Die Ergebnisse der ersten Missions­wochen haben uns schon total über­wältigt, aber die Ender­gebnisse mit mehr und besseren Daten und einem tieferen Verständnis unseres Weltraum­labors LPF sind ein wirklich gran­dioser Anblick.“ Während die ersten LPF-Ergeb­nisse bereits die Anfor­derungen bei hohen Frequenzen (über 0,01 Hz) übertrafen, zeigen die neuen Ergeb­nisse, dass die Anfor­derungen um mehr als einen Faktor zwei bis hinunter zu 0,00002 Hz über­troffen werden.

Eine Kombi­nation von mehreren Effekten erlaubte den Forschern, die ersten Ergeb­nisse zu verbessern, die verblei­benden Störquellen zu redu­zieren und eine noch ruhigere Umgebung für die zwei würfel­förmigen Gold-Platin-Test­massen zu erstellen. Nach mehreren Monaten des Belüftens der Test­massen-Vakuum­kammern zum All fiel ihr Restgas­druck, der bisher die Messungen begrenzte, um einen Faktor 10. Die Verfüg­barkeit von mehr Daten führte zu einem besseren Ver­ständnis der kleinen Scheinkraft, die auf die Würfel wirkte und die von der Bahn des Satel­liten und seiner Ausrichtung im All verur­sacht wurde. Eine verbesserte Steuerung in Lisa wird diesen Effekt weiter redu­zieren.

Eine genauere Berechnung der elektro­statischen Kräfte der elek­trischen Systeme und magne­tischen Felder an Bord des Satelliten elimi­nierte nun außerdem eine systema­tische Quelle von nieder­frequentem Rauschen. Die Daten­analyse erlaubte den Wissen­schaftlern die Auswir­kungen zusätz­licher spora­discher Ereig­nisse zu entfernen, um das Hintergrund­rauschen bei noch niedri­geren Frequenzen als erwartet zu vermessen. Diese Demons­tration von nahezu perfektem Freifall von zwei Test­massen über ein breites Frequenz­band ist ein ent­scheidender Meilen­stein für die Lisa-Mission und zukünf­tige Multi-Messenger-Astro­nomie in Zusammen­arbeit mit anderen, elektro­magnetischen Observa­torien.

Außerdem arbeitete das LPF-Laserinter­ferometer – das erste jemals im All – mehr als 100-mal besser als die Anfor­derungen und 30-mal besser als jemals zuvor in irdischen Labors. Es ermög­lichte die detail­lierte Unter­suchung von winzigen unter­schwelligen Rausch­quellen und Artefakten und half so in Vorbe­reitung auf Lisa weitere Erfahrung zu sammeln und Vertrauen zu gewinnen. Dieses optische Präzisions­messsystem wurde unter Feder­führung und mit maß­geblicher Betei­ligung von Forschern des Max-Planck-Instituts für Gravitations­physik und von der Leibniz Univer­sität in Hannover entwickelt und gebaut.

Lisa soll 2034 als Mission der Euro­päischen Weltraum­organisation Esa ins All starten. Unter­stützt wird die Mission von vielen Esa-Mitglieds­staaten, der Nasa und zahl­reichen Wissen­schaftlern einer engen trans­atlantischen Zusammen­arbeit. Die geplante Lisa-Mission wird Gravitations­wellen im Weltall messen. Sie besteht aus drei Satelliten im Abstand von Millionen von Kilo­metern. Mittels Laser­licht werden die Forscher die winzigen Abstands­änderungen messen, die vorbei­rasende Gravitations­wellen erzeugen. Lisa wird aus drei Satelliten bestehen, die mit Lasern ein gleich­seitiges Dreieck mit etwa 2,5 Millionen Kilometern Kanten­länge aufspannen. Durch diesen Formations­flug im All laufende Gravitations­wellen verändern diese Abstände um ein Billionstel Meter.

Lisa wird nieder­frequente Gravitations­wellen mit Schwingungs­perioden von zehn Sekunden bis zu mehr als einem halben Tag messen, die mit Detek­toren auf der Erde nicht beo­bachtet werden können. Solche Gravitations­wellen stammen beispiels­weise von extrem masse­reichen schwarzen Löchern, millionen­fach schwerer als unsere Sonne, die im Zentrum von Galaxien verschmelzen, den Bahnbe­wegungen zehn­tausender Doppel­sternsysteme unserer Galaxie stammen und möglicher­weise exotischen Quellen wie kosmischen Strings.

AEI / JOL

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