24.09.2010

Der Satellit mit den Röntgenaugen

XMM-Newton durchleuchtet seit zehn Jahren das All.

Physik Journal  – XMM-Newton durchleuchtet seit zehn Jahren das All.

Das Röntgenobservatorium XMM-Newton (X-ray Multi-Mirror Satellite) der Europäischen Weltraumorganisation ESA gehört mit seinem NASA-Pendant Chandra zu den Speerspitzen der astrophysikalischen Forschung. Beide nahmen vor zehn Jahren ihren Betrieb auf. Ihr Blick reicht von den Planeten unseres Sonnensystems bis hin zu den entferntesten aktiven Galaxien. Norbert Schartel und Matthias Ehle vom European Space Astronomy Centre der europäischen Weltraumorganisation ESA in Madrid fassen die spektakulärsten Forschungsergebnisse des Satelliten in der Oktober-Ausgabe des Physik Journals zusammen.

Bild: Mit dem Röntgenobservatorium XMM-Newton lassen sich heiße Gaswolken, wie hier im Orion-Nebel, sichtbar machen. (Bildquelle: AAAS/Science; XMM-Newton, ESA und Spitzer Space Telescope, NASA)

Röntgenstrahlung erlaubt es Astrophysikern, die „Extreme“ des Universums zu erforschen – Materie, die in Schwarze Löcher fällt oder die in starken Gravitations- bzw. Magnetfeldern um einen kollabierten Stern gefangen ist, oder Schockwellen heißen Gases in abgelegenen Galaxienhaufen. Erkenntnisse über solch exotische Prozesse lassen sich nur durch Beobachtungen aus dem Weltraum gewinnen, da die Erdatmosphäre für Röntgenstrahlung undurchlässig ist.

Hellere Quellen sind solche, in denen die Materie Temperaturen von etlichen Millionen Grad aufweist, beispielsweise auf den Oberflächen und in den ausgedehnten Atmosphären von Sternen, wo sie durch magnetische Aktivitäten oder Stoßwellen erhitzt werden. Dies gilt auch für die Überreste von Supernova-Explosionen oder gar ganze Galaxienhaufen. Bei diesen findet ein regelrechter Kreislauf aus Kühlung und Einfall in das Schwerezentrum der Welteninseln sowie Aufheizen und Ausströmen statt, der die ganze Entwicklung der beteiligten Galaxien entscheidend beeinflusst. Für das Verständnis dieses „Feedback Szenarios“ waren die Beobachtungen von XMM-Newton ausschlaggebend.

Selbst von der Erde fängt das Observatorium etwas auf. Denn auch in der äußersten Schicht der Atmosphäre, der Exosphäre, entsteht Röntgenlicht: An der Grenze zum umgebenden Weltraum kommt es zu Wechselwirkungen der Gasteilchen mit den energiereichen Partikeln des Sonnenwinds, ein Effekt, der auch bei den Gasriesen Jupiter und Saturn in Erscheinung tritt.

Unser Nachbarplanet Mars und diverse Kometen senden ebenfalls Röntgenstrahlung aus – zur großen Überraschung der Astronomen. Ursache ist auch hier der Sonnenwind: Seine positiv geladenen Teilchen entreißen den Himmelskörpern Elektronen, die dann unter Abgabe von energiereichen Lichtquanten ihre endgültigen Plätze in den Ionen einnehmen.

Anhand der Galaxienhaufen hilft das Observatorium auch bei der Erforschung der mysteriösen Dunklen Materie. Besonders das künftige Zusammenspiel mit dem letztes Jahr gestarteten Mikrowellen-Satelliten Planck dürfte für neue Erkenntnisse sorgen. Die Instrumente und Systeme von XMM-Newton sind auch nach zehn Jahren im All noch in einem hervorragenden Zustand. Und im Tank ist noch reichlich Raketentreibstoff übrig. Falls er nicht von Mikrometeoriten oder Weltraumschrott getroffen wird, leistet er den Astronomen also wohl noch ein weiteres Jahrzehnt wertvolle Dienste.

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