03.03.2017

Der Schein des Schleims

Schnecken hinterlassen gerne eine bunte Schleimspur. Kein Geheimnis – aus physikalischer Sicht.

Die auffällige Schönheit der irisierenden Farben eines dünnen transparenten Belags auf einem Blatt (Abbildung 1) macht für einen Moment vergessen, dass es sich um die getrockneten Reste der Schleimspur einer Nacktschnecke handelt. Sie zieht sich über die ganze Pflanze hinweg und lässt noch Tage später erkennen, welchen Weg das Tier genommen hat.

Abb. 1 Irisierende Schleimspur einer Nacktschnecke.

Schnecken sondern bei der Fortbewegung am vorderen Ende ihrer Fußsohle einen klebrigen Schleim ab. Sie breiten gewissermaßen einen Schleimteppich aus und sind daher so gut wie unabhängig von der wechselnden Reibung unterschiedlicher Untergründe. Schnecken können selbst über sehr schafkantige Gegenstände hinweg gleiten.

Zurück bleibt eine Schleimspur, die anschließend eintrocknet und einen sehr dünnen transparenten Film hinterlässt. Es versteht sich von selbst, dass dieser Film so dünn wie möglich sein muss, damit die Schnecken mit dem körpereigenen Material genügend lange Wege zurücklegen können.

Die Schichtdecke ist von der Größenordnung der Wellenlänge des sichtbaren Lichts. Das auf diese transparente Schicht auftreffende Licht, wird an der oberen Grenzschicht teilweise reflektiert. Der nicht reflektierte Teil durchdringt den Film und trifft auf die untere Grenzschicht zwischen Schleimschicht und Luft. Es wird dort abermals teils durchgelassen und teils reflektiert. Der reflektierte Teil des Lichts läuft zurück und trifft sich mit dem bereits an der oberen Grenzschicht reflektierten Licht (Abbildung 2).

Abb. 2 Schematische Darstellung der Interferenz an einer dünnen Schicht.

Dieses erfährt an der optisch dichteren Schleimschicht einen Phasensprung von einer halben Wellenlänge. Das an der unteren Grenzschicht reflektierte Licht legt einen längeren Weg zurück, so dass sich insgesamt ein Gangunterschied zwischen beiden Teilstrahlen ergibt. (Als Strahl bezeichnen wir die Flächennormale der Lichtwellen.) Die Größe des Gangunterschieds hängt ab von der Schichtdicke, dem Brechungsindex des getrockneten Schleims, dem Einfallswinkel und der Farbe des Lichts. Auf diese Weise kommt es je nach Phasenverschiebung zu konstruktiver oder destruktiver Interferenz.

Dadurch ändert sich die farbliche Zusammensetzung des reflektierten Sonnenlichts, so dass aus dem Rest der Farben eine andere Mischfarbe als Weiß entsteht. Die unterschiedlichen Farbstreifen auf der dünnen Schleimschicht lassen daher Rückschlüsse auf die variierende Schichtdicke zu. Die Interferenzstreifen werden auch Interferenzen gleicher Dicke genannt, weil für alle Stellen gleicher Dicke die Interferenzbedingungen gleich sind, so dass dort dieselbe Farbe zu sehen ist, sofern man denselben Blickwinkel einnimmt.

Hans Joachim Schlichting, Uni Münster


Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen und lässt sich hier frei downloaden.

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