09.11.2007

Der Ursprung kosmischer Strahlung

Der internationalen Auger-Collaboration ist es erstmals gelungen, eine ungleichmäßige Verteilung der hochenergetischen kosmischen Strahlung nachzuweisen.



Der internationalen Auger-Collaboration ist es erstmals gelungen, eine ungleichmäßige Verteilung der hochenergetischen kosmischen Strahlung nachzuweisen. Die Messergebnisse mit der Detektoranlage des Pierre-Auger-Observatoriums in Argentinien sprechen dafür, dass die Teilchen mit einer Energie von über 57 Exaelektronenvolt (57×10 18 eV) ihren Ursprung in aktiven Galaxienkernen unserer näheren kosmischen Umgebung haben. Die Wissenschaftler berichten jetzt in der Zeitschrift „Science“ über ihre Forschungsergebnisse.

„Wir haben einen großen Schritt zur Lösung des Geheimnisses der kosmischen Strahlung mit der höchsten Energie getan“, sagt James Cronin von der Universität of Chicago, der das Auger-Observatorium maßgeblich mitentwickelt hat. „Wir haben festgestellt, dass diese ultraenergetischen Teilchen nicht gleichmäßig aus allen Richtungen zu uns kommen. Das ist eine fundamentale Entdeckung. Damit beginnt das Zeitalter der Astronomie der kosmischen Strahlung. In den nächsten Jahren werden unsere Daten uns eine exakte Identifizierung der Quellen erlauben und uns Aufschluss darüber geben, wie die Teilchen dort beschleunigt werden.“

Die kosmische Strahlung besteht aus relativistischen Protonen und Atomkernen. Dringen diese Teilchen in die Atmosphäre ein, so lösen sie Kaskaden sekundärer Teilchen aus, die über eine Fläche von über 40 Quadratkilometern niedergehen. Diese Teilchenschauer registriert das Pierre-Auger-Observatorium in der argentinischen Pampa Amarilla mit 1600 Teilchendetektoren, die jeweils 1,5 Kilometer voneinander entfernt auf einem insgesamt 3000 Quadratkilometer großen Gebiet verteilt sind. Zusätzlich registrieren 24 Teleskope die von den Teilchen in der Atmosphäre angeregte Fluoreszenzstrahlung der Stickstoffmoleküle. An der Entwicklung und dem Bau der Anlage sind mehr als 370 Forscher aus 17 Ländern beteiligt.

Abb.: Das Pierre-Auger-Observatorium ist eine hybride Detektoranlage. Auf dem Hügel ist das Gebäude eines der Fluoreszenz-Teleskope sowie ein Funkturm zu erkennen. Im Vordergrund befindet sich einer der 1600 Teilchendetektoren. (Quelle: Pierre Auger Observatory)

Seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2004 hat das Observatorium bereits knapp eine Million Teilchenschauer registriert. Von besonderem Interesse für die Wissenschaftler sind dabei die Schauer, die von Teilchen mit extrem hohen Energien ausgelöst werden, denn je höher die Energie, desto genauer lässt sich die Richtung bestimmen, aus der das auslösende Teilchen ursprünglich kam. Insgesamt 27 Ereignisse mit Energien über 57 EeV registrierte die Auger-Collaboration von 2004 bis 2006. Diese Teilchen stammen überwiegend, so zeigt die statistische Analyse, aus einem Bereich von jeweils drei Grad um aktive Galaxien mit Entfernungen von bis zu 250 Millionen Lichtjahren.

In den Zentren solcher aktiver Galaxien (AGN) befinden sich supermassive Schwarze Löcher, die große Mengen von Materie aus ihrer Umgebung aufsaugen. Dabei setzen die Schwarzen Löcher zugleich große Energiemengen frei, die in allen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums abgestrahlt werden. Seit langem vermuten die Astrophysiker, dass im Umfeld der supermassiven Schwarzen Löcher auch elektrisch geladene Teilchen auf immense Energien beschleunigt werden können -- die dann als kosmische Strahlung zu uns gelangen.

Die Ergebnisse der Auger-Collaboration beweisen allerdings noch nicht endgültig, dass die hochenergetischen Teilchen tatsächlich aus den aktiven Galaxienkernen kommen. Zum einen bleibt eine Wahrscheinlichkeit von 1:1000, dass es sich um eine rein zufällige Korrelation handelt. Zum anderen könnten auch andere Quellen infrage kommen, die ähnlich wie die AGN am Himmel verteilt sind. Weitere Messungen sollten diese Zweifel in den kommenden Jahren beseitigen können. Dabei hoffen die Forscher auch auf ein zweites, noch größeres Observatorium auf der Nordhalbkugel, um dann den ganzen Himmel überwachen zu können. Noch in diesem Jahr will die Auger-Collaboration einen Projektentwurf für den Bau einer solchen Detektoranlage präsentieren.

Rainer Kayser

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • K. Greisen, End to the Cosmic-Ray Spectrum?, Phys. Rev. Lett. 16, 748 (1966).
  • T. Stanev et al., Arrival Directions of the Most Energetic Cosmic Rays, Phys. Rev. Lett. 75, 3056 (1995).
  • The Auger Collaboration, Measurement of the UHECR energy spectrum using data from the Surface Detector of the Pierre Auger Observatory, Preprint.
    http://arxiv.org/abs/0706.2096 (Preprint)

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