06.12.2011

Detektivische Kunstgeschichte

Röntgenstrahlen enthüllen ein unvollendetes Rembrandt-Selbstporträt.

Echter Rembrandt oder nicht? Diese Frage beschäftigte die Kunsthistoriker. Bei dem fraglichen Gemälde handelte es sich um das kleine Bild „Alter Mann mit Bart“, das um 1630 entstand, also am Ende von Rembrandts Zeit in Leiden. Unter der Oberfläche des Bildes hat die Röntgenstrahlanalyse nun ein unvollendetes Selbstporträt Rembrandts enthüllt. Hierzu wurde das Gemälde mit Röntgenstrahlen an der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble sowie am Brookhaven National Laboratory in New York untersucht. Die Röntgenstrahl-Fluoreszenz-Analyse erlaubt es, große Oberflächen mit hoher räumlicher Auflösung abzutasten. Sie erkennt Pigmente in verborgenen Farbschichten und kann übermalte Kompositionen fotografisch reproduzieren. Diese Technik hat bereits spektakuläre Entdeckungen in Gemälden von Francisco Goya und Vincent van Gogh ermöglicht.

Für die Untersuchung an der National Synchrotron Light Source am Brookhaven National
Laboratory wurde das Gemälde auf einem motorisierten Scantisch platziert. Die Synchrotronstrahlung wird über das Bild gefahren, und die dabei entstehende Röntgenfluoreszenz zeichnet ein spezieller Detektor auf. (Bild: Brookhaven National Laboratory) 

Zunächst hatten niederländische Wissenschaftler mittels Infrarot- und Röntgenuntersuchungen entdeckt, dass sich vor allem im Bereich des Kragens und der Kopfbedeckung die Komposition vom Rest des Bildes unterscheidet. Unklar blieb aber, ob die Darstellung des alten Mannes lediglich überarbeitet worden ist oder ob sich unter dem Porträt noch ein anderes Bild verbirgt. Um unter die Oberfläche zu blicken, kamen mehrere bildgebende Verfahren zum Einsatz, nämlich verschiedene Röntgentechniken sowie optische und Elektronenmikroskopie. Ergänzt wurde die Untersuchung durch eine mikroskopische Analyse des Lackes.

Ein erster Hinweis auf das Selbstporträt lieferten Röntgenscans an der ESRF mittels eines bildgebenden Verfahrens, das die Verteilung schwerer Elemente visualisieren kann. Schwere Elemente sind vor allem in Pigmenten enthalten, die für Hauttöne verwendet werden, z. B. Bleiweiß (Blei) und Zinnober (Quecksilber). Die Messungen an der ESRF konnten ausschließen, dass sich unter dem eigentlichen Bild ein komplettes zweites Porträt versteckt. Die Röntgenstrahl-Fluoreszenz-Analyse lieferte schließlich hochaufgelöste Karten der Verteilung von Kupfer und anderen Elemente im Gemälde. Die Kupferverteilung zeigte die Konturlinien eines bartlosen, offenbar jüngeren Mannes, der eine Baskenmütze trägt und Ähnlichkeiten mit anderen Selbstporträts von Rembrandt aufweist. „Echter Rembrandt!“ lautet folglich die Antwort auf obige Frage.

Eine Röntgenaufnahme deutete darauf hin, dass sich unter dem "Alten Mann mit Bart" noch ein anderes Porträt verbergen könnte. (Bild: R. Gerritsen)

Wer sich selbst ein Bild von diesem Gemälde machen möchte: Vom 1. Mai bis 1. Juli 2012 findet im Rembrandthaus in Amsterdam eine Sonderausstellung von zehn Gemälden Rembrandts und seiner Zeit statt, die mittels Röntgenfluoreszenz-Analyse untersucht worden sind.

ESRF / Maike Pfalz

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