Deutsch-russische Interferenzen
Aktiver Galaxienkern BL-Lac mit dem Radiosatelliten Spektr-R und der 100-m-Teleskop Effelsberg aufgelöst.
Einer Gruppe von Wissenschaftlern am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und dem Astro Space Center in Moskau ist es zum ersten Mal gelungen, fringes zwischen dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg und dem Satelliten-Radioteleskop Spektr-R des RadioAstron-Projekts zu erhalten – mit einem gegenseitigen Abstand von mehr als 300.000 Kilometern. Die beiden Teleskope waren auf BL Lacertae gerichtet, den Kern einer aktiven Galaxie in zirka 900 Millionen Lichtjahren Entfernung.
Abb.: Zentralbereich der aktiven Galaxie BL-Lac in Mikrobogensekunden-Auflösung dank der interferometrischen Signale zwischen dem Weltraum-Radioteleskop Spektr-R und dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg. (Bild: MPIfR, J. Anderson)
RadioAstron ist ein internationales Projekt zur Durchführung von VLBI ("Very Long Baseline-Interferometrie") im Weltraum. Es wird vom russischen "Astro Space Center" (ASC) in Moskau geleitet; die Beobachtungen erfolgen über ein 10-m-Satelliten-Radioteleskop an Bord des russischen Satelliten Spektr-R. Der Satellit startete im Juli 2011 und umkreist die Erde auf einer elliptischen Umlaufbahn mit einem maximalen Abstand von 350.000 Kilometern. Das Projekt kombiniert die Satellitendaten mit Beobachtungen von erdgebundenen Radioteleskopen und erreicht damit extrem hohe Winkelauflösungen. Sie entsprechen tatsächlich denen eines Einzelteleskops von der Größe des Abstands zwischen Erde und Mond! RadioAstron ermöglicht, eine Reihe von aufregenden wissenschaftlichen Projekten anzugehen. Dazu gehören die Teilchenbeschleunigung in der Umgebung von extrem massereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von aktiven Galaxien, aber auch Neutronensterne und Pulsare, Dunkle Materie und Dunkle Energie.
Da durch die Trägerrakete Größe und Gewicht eines Satelliten eingeschränkt sind, musste der Durchmesser des Teleskopspiegels im RadioAstron-Projekt auf 10 m begrenzt werden. Das Teleskop ist durch die vergleichweise geringe Größe nicht sehr empfindlich für die Aufnahme von sehr schwachen Radiosignalen. Dadurch wird die Zusammenarbeit mit dem MPIfR in Bonn extrem wichtig. Das Bonner Institut betreibt das 100-m-Radioteleskop bei Bad Münstereifel-Effelsberg, das als sehr großes und empfindliches Radioteleskop ein begehrter Partner für diese Art von Interferometrie-Experimenten ist.
Abb.: VLBI-Rechnerverbund am Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn (Bild: MPIfR, W. Alef)
Erste interferometrische Signale oder fringes konnten im Rahmen des RadioAstron-Projekts bereits Ende 2011 aufgezeichnet werden, aus Beobachtungen ebenfalls zusammen mit dem 100-m-Radioteleskop, die am Korrelator des "Astro Space Center" in Moskau ausgewertet wurden. Die hier beschriebenen Beobachtungen betreffen BL-Lac, den Kern einer aktiven Galaxie im Sternbild Lacerta (Eidechse). Mit starker Variabilität und deutlicher Polarisation in optischen Wellenlängen ist BL-Lac der Prototyp für eine ganze Klasse von Galaxien mit aktiven Galaxienkernen ("Active Galactic Nuclei", AGN).
Die Abbildung zeigt ein Bild der ersten Detektion von BL-Lac in interferometrischen Beobachtungen mit dem 100-m-Radioteleskop und dem Satellitenteleskop von RadioAstron, die mit dem neuen Korrelatorsystem am MPIfR in Bonn ausgewertet wurden. Die unterschiedlichen Farben zeigen die Intensität des gemessenen interferometrischen Signals.
Abb.: Spektr-R, das 10-Meter-Weltraumradioteleskop des RadioAstron-Projekts (Bild: Lavochkin Ass.)
„Ein wichtiger neuer Aspekt dieser Analyse liegt darin, dass wir die Daten nicht wie bisher mit einem Hardware-Korrelator auswerten, sondern mit dem DiFX-Software-Korrelator, der auf den VLBI-Computerstationen in unserem Institut in Bonn zum Einsatz kommt“, sagt Anton Zensus, Direktor am MPIfR. Normalerweise sind VLBI-Beobachtungen auf erdgebundene Radioteleskope beschränkt. Die neue Software bezieht die Bewegungen des Satelliten im Orbit mit ein und berücksichtigt außerdem den unterschiedlichen Ablauf der Zeit auf der Erde und im Weltraum.
„Das ist eine aufregende neue Entwicklung für die RadioAstron-Mission, damit wird die erfolgreiche Weiterverarbeitung und Analyse der Daten im astronomischen und physikalischen Sinne möglich“, sagt James Anderson vom MPIfR. „Wir können jetzt anfangen, Radiobilder unserer Forschungsobjekte bei Auflösungen im Mikrobogensekundenbereich zu erstellen, und das ist etwas, wozu wir bisher noch nicht in der Lage waren.“
MPIfR / OD