20.08.2015

Diamanten – Fenster ins Erdmittelalter

Geowissenschaftler finden Salzwassereinschlüsse in Edelsteinen aus einer kanadischen Diamantenmine mit Hinweis auf frühe Subduktionszone.

Diamanten sind nicht nur als Schmuck und als Werkzeug in der Industrie begehrt. Für Geo­wissenschaftler können sie aufschlussreiche Daten über längst vergangene Erdepochen liefern. So analysierte nun eine internationale Forschergruppe insgesamt elf Diamanten aus einer kanadischen Mine. Ihr Interesse galt dabei vor allem winzigen flüssigen Einschlüssen, die sich über etwa 200 Millionen Jahren erhalten haben. Ihre Ergebnisse weisen auf eine frühe Subduktions­zone unter dem heutigen nordamerikanischen Kontinent hin.

Abb.: Diamant aus der kanadischen Ekati-Mine mit winzigen flüssigen Einschlüssen, die mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. (Bild: Y. Weiss et al.)

Gemeinsam mit Kollegen aus Großbritannien und Kanada zerschnitt Yaakov Weiss von der Columbia University in New York die stark eingefärbten Rohdiamanten mit einem Laser. Die dünnen, polierten Scheiben waren für Licht durchlässig, so dass sich die winzigen Einschlüsse mit einem Infrarot-Spektrometer untersuchen ließen. Zusätzlich trugen die Forscher kleine Proben über mehrstündige Laser­ablation ab. Diese konnten sie darauf mit einem gekoppelten Plasma-Massen­spektrometer analysieren.

Mit diesen Methoden erschloss sich Weiss und Kollegen die detaillierte Zusammensetzung der Diamanten aus der Ekati-Mine im kanadischen Nordwest-Territorium 200 Kilometer südlich vom Polarkreis. Von großer Bedeutung waren vor allem die relativ hohen Konzentrationen an Europium und Strontium in den winzigen salzhaltigen, flüssigen Einschlüssen. Das Verhältnis der Strontiumisotope zeigte dabei deutliche Parallelen mit dem Salzwasser, das während der frühen Jura-Epoche vor 174 bis 201 Millionen Jahren die Ozeane füllte.

Abb.: Frühe Subduktionszone auf dem nordamerikanischen Kontinent. Unter der Lithosphäre konnten unter hohem Druck Diamanten entstehen, die heute gefördert werden. (Bild: Y. Weiss et al.)

Aus diesen Daten konnten die Geowissenschaftler auf den Ursprung der flüssigen Einschlüsse schließen. Bekannt war bereits vorher, dass salzhaltige Flüssig­keiten wichtige Transporter für Kohlenstoff zwischen der Oberfläche und dem Erdmantel waren. Nun belegen die analysierten Einschlüsse, dass unter der Region der Ekati-Mine, die heute inmitten des nordamerikanischen Kontinents liegt, eine ozeanische Platte relativ flach abtauchte. In dieser Subduktionszone gelangte uralter Meeresgrund mit Sedimenten und Salzwasser bis in etwa 200 Kilometer Tiefe unter die feste Kontinentalkruste.

Mitgeführter Kohlenstoff konnte in den flüssigen Einschlüssen in etwa 180 Kilometer Tiefe vor etwa 200 Millionen Jahren im Erdmittelalter unter hohem Druck zu Diamanten gepresst werden. Erst über spätere geologische Prozesse gelangten sie näher an die Oberfläche, wo man sie heute aufspüren kann.

Diese Studie zeigt, wie subduzierte ozeanische Kruste die regionale, chemische Zusammen­setzung des oberen Erdmantels veränderte. Das im Ozeanboden enthaltene Salzwasser beeinflusste wesentlich das Aufschmelzen der Gesteine unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen. Auch für die Entstehung von Diamanten spielte die Flüssigkeit eine wichtige Rolle. Wie Weiss und Kollegen belegen, lässt sich über die winzigen Einschlüsse in Diamanten auf die Geochemie im oberen Erdmantel und an der Wurzel der festen Lithosphäre schließen. Auch die Ursachen für die Entstehung der Edelsteine könnte man nun besser verstehen.

Jan Oliver Löfken

DE

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