07.06.2018

Dicke Brocken überall

Hoher Anteil massereicher Sterne in frühem und heutigem Universum stellt Modelle zur Stern- und Galaxienentwicklung infrage.

Astronomen haben mit ALMA und dem VLT herausgefunden, dass sowohl Starburst­galaxien im frühen Universum als auch eine Stern­entstehungs­region in einer nahen Galaxie einen viel höheren Anteil an masse­reichen Sternen enthalten als ruhigere Galaxien. Diese Erkenntnisse stellen aktuelle Vorstellungen über die Entwicklung von Galaxien in Frage und verändern unser Verständnis der kosmischen Stern­entstehungs­geschichte und der Bildung der chemischen Elemente.

Abb.: Künstlerische Darstellung einer Starburstgalaxie (Bild: ESO / M. Kornmesser)

Ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung des Astronomen Zhi-Yu Zhang von der Universität Edinburgh hat mit dem Atacama Large Milli­meter/Sub­milli­meter Array (ALMA) den Anteil der masse­reichen Sterne in vier weit entfernten gas­reichen Star­burst­galaxien untersucht. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Jung­galaxien bereits mehrere vorher­gehende Episoden der Stern­entstehung durchgemacht haben, die die Resultate beeinflussen könnten.

Zhang und sein Team entwickelten eine neue Technik (analog zur Radio­karbon­methode), um die Häufigkeit verschiedener Arten von Kohlenstoff­monoxid in den vier sehr weit entfernten, staub­umhüllten Starburst­galaxien zu messen. Sie beobachteten das Verhältnis von zwei Arten von Kohlenstoff­monoxid mit unter­schiedlichen Isotopen.

„Kohlenstoff- und Sauerstoffisotope haben eine unterschiedliche Herkunft“, erklärt Zhang. „O-18 wird vermehrt in masse­reichen Sternen und C-13 mehr in Sternen mit geringer bis mittlerer Masse produziert.“ Dank der neuen Technik konnte das Team durch den Staub in diesen Galaxien blicken und zum ersten Mal die Massen ihrer Sterne beurteilen.

Die Masse eines Sterns ist der wichtigste Faktor für seine Entwicklung. Masse­reiche Sterne leuchten hell und haben ein kurzes Leben, während weniger masse­reiche Sterne wie die Sonne Milliarden von Jahren leuchten, dafür aber weniger hell. Die Kenntnis der Zahlen­verhältnisse von Sternen unter­schiedlicher Massen, die in Galaxien gebildet werden, unter­mauert daher das Verständnis für die Entstehung und Entwicklung von Galaxien in der Geschichte des Universums. Folglich gibt sie uns entscheidende Erkenntnisse über die chemischen Elemente, die zur Bildung neuer Sterne und Planeten zur Verfügung stehen, und letztlich über die Anzahl der schwarzen Löcher, die sich zu den super­masse­reichen schwarzen Löchern vereinigen könnten, die in den Zentren vieler Galaxien vorliegen.

Koautorin Donatella Romano vom INAF-Osservatorio di astrofisica e scienza dello spazio di Bologna erklärt, was das Team gefunden hat: „Das Verhältnis von O-18 zu C-13 war in diesen Starburst­galaxien im frühen Universum etwa zehn mal höher als in Galaxien wie der Milch­straße, was bedeutet, dass es einen viel höheren Anteil an masse­reichen Sternen in diesen Starburst­galaxien gibt." Der ALMA-Fund wird durch eine weitere Entdeckung im lokalen Universum bestätigt: Ein Team um Fabian Schneider von der University of Oxford in Groß­britannien führte mit dem Very Large Telescope der ESO spektro­skopische Messungen von 800 Sternen in der riesigen Stern­entstehungs­region 30 Doradus in der Großen Magellanschen Wolke durch, um die Gesamt­verteilung von Stern­alter und Anfangs­massen zu untersuchen.

Schneider erklärte: „Wir fanden rund dreißig Prozent mehr Sterne mit mehr als dreißig mal so viel Masse wie die Sonne und etwa siebzig Prozent mehr als erwartet über sechzig Sonnen­massen. Unsere Ergebnisse stellen die vorher­gesagte Grenze von 150 Sonnen­massen für die maximale Geburts­masse von Sternen in Frage und legen sogar nahe, dass Sterne Geburts­massen von bis zu 300 Sonnen­massen haben könnten!"

Rob Ivison, Koautor des neuen ALMA-Artikel, schließt: „Unsere Erkenntnisse führen uns dazu, unser Verständnis der kosmischen Geschichte in Frage zu stellen. Astronomen, die Modelle des Universums entwickeln, müssen nun wieder zum Grund­konzept zurück­kehren und noch mehr Detail hineinstecken."

MPIA / DE

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