19.02.2008

Die Akademie Leopoldina

Marie Curie, Albert Einstein, Gustav Hertz und Carl Bosch gehörten ebenso in den illustren Kreis der Auserwählten wie Alexander von Humboldt, Konrad Lorenz und Johann Wolfgang von Goethe.

Halle (dpa) - Marie Curie, Albert Einstein, Gustav Hertz und Carl Bosch gehörten ebenso in den illustren Kreis der Auserwählten wie Alexander von Humboldt, Konrad Lorenz und Johann Wolfgang von Goethe. Mehr als 7000 Wissenschaftler aus aller Welt waren bislang Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina mit Sitz in Halle (Sachsen-Anhalt). Sie ist 356 Jahre alt und damit die älteste ununterbrochen bestehende naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrteneinrichtung der Welt. Künftig soll die Leopoldina nun auch die Aufgaben einer deutschen Nationalakademie übernehmen.

Die lange Geschichte der renommierten Institution begann 1652, fast ein Jahrzehnt vor der Gründung der Royal Society in London. In der Freien Reichsstadt Schweinfurt riefen vier Ärzte die «Academia Naturae Curiosorum» ins Leben, um naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu vertiefen und die Kommunikation unter den Medizinern zu verbessern. Dazu gab die Akademie 1670 die erste naturwissenschaftlich-medizinische Zeitschrift der Welt heraus.

1677 erkannte Kaiser Leopold I. die Akademie offiziell an, zehn Jahre später erhob er sie förmlich zur Reichsakademie. Damit genoss die Institution unter anderem die Privilegien der Zensurfreiheit und des Nachdruckverbots ihrer Schriften. Und seitdem trug sie die Bezeichnung «Sacri Romani Imperii Academia Caesareo-Leopoldina Naturae Curiosorum», von der sich die Kurzform Leopoldina ableitet.

225 Jahre lang wechselte der Sitz der Leopoldina immer wieder - in jeweils diejenige Universitätsstadt, in der ihr aktueller Präsident arbeitete. Nach Stationen etwa in Erlangen, Bonn und Breslau wurde das damals preußische Halle an der Saale im Jahr 1878 zum festen Sitz.

Der stets überstaatlich wirkenden Leopoldina gelang es auch in politisch schwierigen Zeiten, Eigenständigkeit und Unabhängigkeit zu bewahren. Zu DDR-Zeiten etwa war die hinter bescheidenen Fassaden unweit vom halleschen Zentrum residierende Gesellschaft wie eine Insel. «Sie war für DDR-Wissenschaftler ein Anlaufpunkt, um West- Kontakte knüpfen zu können», berichtet Leopoldina-Generalsekretärin Jutta Schnitzer-Ungefug.

Mit dem Fall der Mauer änderte sich die Funktion der Leopoldina wieder. Nun ist sie zum Beispiel mit anderen Akademien der G8- Staaten in die Vorbereitung der G8-Gipfel eingebettet. «Die Akademien aus den acht Staaten gucken stets gemeinsam: Was steht auf der Tagesordnung, wozu könnten wir uns äußern und den Politikern mitteilen», sagt Schnitzer-Ungefug.

Die exklusive Vereinigung für Top-Wissenschaftler aus der ganzen Welt mit derzeit rund 1250 Mitgliedern aus 30 Ländern organisiert zudem regelmäßig Fachkongresse, in diesem Jahr auch in Zürich, Paris und Israel. Dort diskutieren die Experten zum Beispiel über Klimawandel, Stammzellen oder Wüsten. «Unser Ziel ist es immer, auf dem jeweiligen Gebiet Empfehlungen für die Politik abzuleiten», sagt Schnitzer-Ungefug. Die Aufgabe der Politik-Beratung könnte nun, da die Leopoldina nationale Akademie ist, zum Schwerpunkt werden.

Sophia-Caroline Kosel, dpa

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