Die beste Karte des Gravitationswellenhimmels
Analyse von Pulsarbeobachtungen, die über mehrere Jahre mit dem MeerKAT-Radioteleskop aufgenommen wurden.
Die bislang aussagekräftigste Karte des Gravitationswellenhimmels wurde von einer internationalen Forschergruppe erstellt, an der auch zahlreiche Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn beteiligt waren. Um dieses Ziel zu erreichen, analysierten die Wissenschaftler einen Datensatz von Pulsarbeobachtungen, die über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren mit dem MeerKAT-Radioteleskop – einem der leistungsstärksten Radioteleskope der Welt – aufgenommen wurden.
Ein Pulsar Timing Array nutzt die äußerst regelmäßigen Pulse von pulsierenden Neutronensternen, um schwache Abweichungen von der Regelmäßigkeit der Pulse aufzuspüren, die durch Gravitationswellen verursacht werden. Im Rahmen einer internationalen Kollaboration von Radioastronomen aus Australien, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Südafrika, den Niederlanden, Italien und Frankreich wurde mit dem MeerKAT Pulsar Timing Array (MPTA) ein Gravitationswellendetektor von der Größe einer Galaxie geschaffen, indem die regelmäßigen Pulse von Pulsaren mit dem MeerKAT-Radioteleskop in Südafrika auf Nanosekunden genau überwacht werden.
Die mit Pulsar-Timing-Arrays beobachteten Gravitationswellen werden von einigen der stärksten Quellen des Universums verursacht; hierzu zählen supermassereiche schwarze Löcher sowie Ereignisse kurz nach dem Urknall. Matt Miles, Forscher an der Swinburne University of Technology in Melbourne erklärt: „Die Summe aller dieser Gravitationswellen, die sich im Universum ausbreiten, bildet einen Gravitationswellenhintergrund, ein kosmisches Summen, das wertvolle Hinweise auf die verborgenen Prozesse liefert, die unser Universum formen.“
Die Kartierung der Gravitationswellen am gesamten Himmel ermöglicht die Suche nach Gebieten, aus denen verhältnismäßig viele Gravitationswellen gemessen werden, die„Hot Spots“. Ein solcher Hot Spot kann durch ein einzelnes binäres supermassereiches schwarzes Loch verursacht werden und grundlegende Erkenntnisse über den Ursprung des Gravitationswellenhintergrunds liefern. Auf der Grundlage der qualitativ hochwertigen Daten des MeerKAT-Radioteleskops, die um einen Datensatz ergänzt wurden, der die bisher größte Anzahl an gemeinsam verwendeten Pulsaren beinhaltet, veröffentlichte die Gruppe von Forschern unter der Leitung von Kathrin Grunthal vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) die aktuell beste Karte des Gravitationswellenhimmels.
„Indem wir nach Variationen in den Gravitationswellen am Himmel suchen, machen wir uns gleichzeitig auch auf die Suche nach dem Fingerabdruck der astrophysikalischen Prozesse, die hinter dem Gravitationswellensignal stecken“, sagt Grunthal. Während die meisten Teile des Himmels in der Analyse keine Anzeichen von Anisotropie zeigen, entdeckte das Forschungsteam eine kleine Anzahl interessanter Merkmale, die in zukünftigen Arbeiten weiter untersucht werden sollen. „Die Kartierung des Gravitationswellenhintergrunds liefert uns ein vollständigeres Bild des Universums“. sagt Radioastronomin Rowina Nathan.
Diese Karte des Gravitationswellenhimmels baut auf dem deutlichen Hinweis auf ein Gravitationswellen-Hintergrundsignal im MPTA-Datensatz auf. „Bei früheren Karten wurde davon ausgegangen, dass es kein Signal gibt. Jetzt, da wir Beweise für Gravitationswellen haben, ändern sich die Berechnungen dieser Karten. Unsere Karte ist die erste Timing-Array-Karte, die dies berücksichtigt“, sagt David Champion vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Im Vergleich zu ähnlichen globalen PTA-Projekten wie dem European Pulsar Timing Array, benötigte das MeerKAT Pulsar Timing Array nur ein Drittel der Beobachtungszeit, um eine vergleichbare Empfindlichkeit zu erreichen. „Dies ist ein Beweis für die herausragenden Fähigkeiten des MeerKAT-Radioteleskops, an dem unser Institut maßgeblich beteiligt ist, indem es Hardware, Software und wissenschaftliche Arbeit für eine ganze Reihe von Projekten zur Verfügung stellt“, sagt MPIfR-Direktor Michael Kramer.
Die Arbeit der MeerKAT Pulsar Timing Array Kollaboration ist ein bedeutender und zukunftsweisender Schritt in der radioastronomischen Gravitationswellenforschung. MeerKAT ist ein Vorläufer für das Square Kilometre Array (SKA) und wird schließlich in das SKA-Mid-Teleskop des SKA-Observatoriums integriert werden, das sich derzeit im Bau befindet. Die Ergebnisse der MeerKAT Pulsar Timing Array Kollaboration zeigen die entscheidende Rolle, die diese Radioteleskope der nächsten Generation bei den globalen Bemühungen zur Erforschung des Universums der niederfrequenten Gravitationswellen spielen werden.
MPIfR / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichungen
K. Grunthal et al.: Results from the 4.5 year MeerKAT Pulsar Timing Array Data Release, MNRAS, online 3. Dezember 2024; DOI: 10.1093/mnras/stae2573 - M. T. Miles et al.: The MeerKAT Pulsar Timing Array: The first search for gravitational waves with the MeerKAT radio telescope, MNRAS, online 3. Dezember 2024, DOI: 10.1093/mnras/stae2571
- M. T. Miles et al.: The MeerKAT Pulsar Timing Array: The 4.5-year data release and the noise and stochastic signals of the millisecond pulsar population, MNRAS, online 3. Dezember 2024; DOI: 10.1093/mnras/stae2572
- Radioastronomische Fundamentalphysik, Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
- MeerKAT Observatorium, Kapstadt, Südafrika