11.08.2005

Die dreifache Sylvia

Ein Team amerikanischer und französischer Astronomen hat erstmals einen zweiten Mond bei einem Asteroiden aufgespürt.




Ein Team amerikanischer und französischer Astronomen hat erstmals einen zweiten Mond bei einem Asteroiden aufgespürt. Über die Existenz solcher Dreifach-Systeme war unter den Himmelsforschern seit der Entdeckung der ersten Asteroidenmonde vor zehn Jahren spekuliert worden. Frank Marchis von der University of California in Berkeley und seinen Kollegen spürten den zweiten Mond des Asteroiden 87 Sylvia im vergangenen Jahr bei mehrmonatigen Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO auf. Das Team berichtet in der aktuellen Ausgabe von "Nature" über seine Entdeckung.

Eines der Entdeckungsfotos: Das am 9. August 2004 aufgenommene Bild zeigt zwei kleine Lichtpunkte links neben dem Asteroiden 87 Sylvia. (Quelle: Nature/F.Marchis et al.)

Sylvia ist ein etwa 280 Kilometer großer Asteroid im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter. Bereits vor vier Jahren hatten Michael Brown vom Caltech und Kollegen bei dem Asteroiden einen kleinen Begleiter gesichtet. Das Team um Marchis wollte mit seiner Beobachtungskampagne die genaue Bahn dieses Mondes mit der Bezeichnung S/2001(87)1 bestimmen. Bei ihren Messungen stießen die Astronomen dann auf den zweiten, erheblich lichtschwächeren Satelliten von Sylvia.

Die Beobachtungen, für die Marchis und sein Team die adaptive Optik und die Infrarotkamera NACO des Very Large Telescopes auf dem Cerro Paranal in Chile nutzten, zeigen, dass S/2001(87)1 den Asteroiden Sylvia in einer Entfernung von 1360 Kilometern umkreist. Der neu entdeckte Mond S/2004(87)1 dagegen zieht seine Bahn lediglich 710 Kilometer von Sylvia entfernt. Die Forscher schätzen die Größe der beiden Monde auf 18 bzw. 7 Kilometer.

Aus den Umlaufbahnen konnten die Forscher dann mit Hilfe des dritten Keplerschen Gesetzes die Masse von 87 Sylvia berechnen. Sie beträgt rund Kilogramm. Daraus ergibt sich für den Asteroiden eine Dichte von 1,2 Gramm pro Kubikzentimeter - kaum mehr als die Dichte von Wasser. Die Forscher schließen daraus, dass 87 Sylvia ein locker gepackter "Geröllhaufen" mit einer Porosität von 25 bis 60 Prozent ist.

Da die Bahnen der Monde beide in der Äquatorebene des Asteroiden liegen, kreisförmig und prograd sind, schließen Marchis und Kollegen auf einen gemeinsamen Ursprung aller drei Himmelskörper. Am wahrscheinlichsten, so die Forscher, sei die Entstehung des Systems aus dem Zusammenprall zweier Ursprungsasteroiden. Bei der Kollision seien beide Himmelskörper zerstört worden und aus den Trümmern habe sich schließlich 87 Sylvia gebildet. Die beiden Monde wären demnach zwei übrig gebliebene größere Trümmerstücke.

Die Existenz von mehreren kleinen Monden bei Asteroiden wurde unter anderem von numerischen Simulationen von Kollisionen zwischen Asteroiden vorhergesagt. Allerdings gibt es bislang keine Untersuchungen, die Aussagen über die Stabilität solcher Mehrfachsysteme machen. Die Kreisförmigkeit der Umlaufbahnen von Sylvias Monden deutet nach Ansicht von Marchis und Kollegen aber darauf hin, dass das System alt genug ist um einen dynamischen Gleichgewichtszustand erreicht zu haben. Die Forscher sehen in der dreifachen Sylvia deshalb ein ideales Objekt, um die langfristige Stabilität derartiger System zu analysieren.

Rainer Kayser

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • C.R. Chapman et al., Discovery and physical properties of Dactyl, a satellite of asteroid 243 Ida, Nature 374, 783 (1995). 
  • P. Michel et al., Collision and gravitational reaccumulation: forming asteroid families and satellites, Science 294, 1696 (2001). 
  • D.D. Durda, The formation of asteroidal satellites in catastrophic collisions, Icarus 120, 212 (1996).

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