03.11.2010

Die ersten Galaxien und die Reionisierung des Universums

Die Wide Field Camera des Hubble Space Telescopes hat neue Einblicke in die Frühzeit des Kosmos geliefert.

Die Wide Field Camera des Hubble Space Telescopes hat neue Einblicke in die Frühzeit des Kosmos geliefert.

370.000 Jahre nach dem Urknall fügten sich Protonen und Elektronen zu neutralem Wasserstoff zusammen – die kosmische Hintergrundstrahlung wurde freigesetzt und das "Dunkle Zeitalter" des Universums begann. Denn mehrere hundert Millionen Jahre vergingen, bis sich die ersten Galaxien formten, in denen die ersten Sterne aufleuchteten – und mit ihrer Strahlung schließlich den intergalaktischen Wasserstoff wieder ionisierten. Diese Reionisierung ist eine entscheidende Phase in der kosmischen Evolution. Die Erforschung der Reionisierung und der Entstehung der ersten Galaxien und Sterne im Kosmos hat im vergangenen Jahr insbesondere durch Beobachtungen mit der neuen Wide Field Camera des Hubble Space Telescopes enorme Fortschritte gemacht, wie Brant Robertson vom California Institute of Technology und seine Kollegen in einem Übersichtsartikel in "Nature" deutlich machen.

Die Wide Field Camera 3 (WFC3) wurde am 14. Mai 2009 von den Astronauten der Shuttle-Mission STS-125 als Ersatz für die seit 1993 genutzte Wide Field and Planetary Camera 2 installiert. Die neue Weitwinkelkamera besitzt einen empfindlichen Infrarot-Detektor, der im Wellenlängenbereich von 850 bis 1700 Nanometern arbeitet und die WFC3 besonders geeignet für die Suche nach Galaxien mit hoher Rotverschiebung im jungen Kosmos macht. Insgesamt ist die WFC3 um das 40-fache leistungsfähiger als das Instrument der vorangegangenen Generation.

Abb.: "Geschichte" des jungen Universums bis zur Reionisation. (Bild: Robertson et al., Nature)

Dank dieser enorm gesteigerten Empfindlichkeit konnte die WFC3 erstmals einen Einblick in die Verteilung der Galaxien unterschiedlicher Leuchtkraft bei einer Rotverschiebung um den Wert 7 liefern, sowie erste Hinweise auf eine Galaxienpopulation mit noch größerer Rotverschiebung.

Die Hubble-Daten zeigen, dass die Leuchtkraftfunktion mit abnehmender intrinsischer Helligkeit steil ansteigt. Der größte Teil der ionisierenden ultravioletten Strahlung bei z=7 dürfte also von einer reichen Population sehr leuchtschwacher Systeme stammen. Insgesamt liefern die Beobachtungen mit der WFC3 überzeugende Beweise dafür, dass die Sternentstehung in individuellen Galaxien über einen Zeitraum von 300 Millionen Jahren – entsprechend dem Rotverschiebungsintervall von 10 bis 7 – mit nahezu konstanter Rate verlaufen ist.

Damit hat Hubble erstmals fundiert gezeigt, dass Anzahl und Eigenschaften der Galaxien 800 Millionen Jahre nach dem Urknall ausreichend sind, um die für die Reionisierung nötige Strahlung zu erzeugen. Wie Robertson und seine Kollegen betonen, muss aber noch eine zweite Bedingung erfüllt sein: Es muss auch ein ausreichender Anteil der ionisierenden Strahlung die jungen Galaxien verlassen und in das intergalaktische Medium vordringen können.

Prinzipiell halten die Autoren es für möglich, mit dem Hubble Space Telescope auch diese Frage zu klären: Mit ausreichend tiefen Aufnahmen könnte die Steilheit der Spektren von Galaxien bei z=7 im (intrinsischen) UV-Bereich untersucht werden und so Informationen über die Absorption der Strahlung durch Gas und Staub innerhalb der Sternsysteme liefern.

Zukünftige Großinstrumente im optischen und im Infrarot-Bereich könnten eine detaillierte Untersuchung der stellaren Populationen der jungen Galaxien ermöglichen und so noch genauere Daten über die ausgestoßene ionisierende Strahlung liefern. Zugleich sollte es in absehbarer Zeit mit neuen Radioteleskopen wie etwa dem Low Frequency Array LOFAR möglich sein, die Topologie der Reionisierung – also das Verschwinden des neutralen Wasserstoffs – direkt zu beobachten. Eine Verknüpfung solcher Beobachtungen mit der gemessenen ionisierenden Strahlung würde schließlich ein vollständiges Verständnis der Epoche der Reionisierung ermöglichen.

Rainer Kayser

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 KK

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