23.10.2015

Die Farben der alten Meister

Röntgenuntersuchungen zeigen, welche Farben in berühmten Gemälden Veränderungen unterliegen.

Van Goghs berühmte Sonnenblumen verändern mit der Zeit ihre Farbe. Ursache ist die Mischung der Pigmente, die der niederländische Meister für sein Gemälde verwendet hat. Das belegt eine aufwendige Röntgen­untersuchung der Sonnenblumen-Variante aus dem Van-Gogh-Museum Amsterdam. Forscher um Letizia Monico vom Institut für Molekular­wissenschaften und -technologie (CNR-ISTM) in Perugia, von der Universität Perugia und der Universität Antwerpen haben dazu unter anderem winzige Farbpartikel des Gemäldes mit der DESY-Röntgenlichtquelle PETRA III durchleuchtet. Die Studie identifiziert Bereiche des Gemäldes, die besonders sorgfältig auf Veränderungen beobachtet werden sollten.

Abb.: Sonnenblumen, 1889, Vincent van Gogh (1853-1890) (Bild: Van Gogh Museum Amsterdam, Vincent van Gogh Foundation)

Vincent van Gogh (1853-1890) ist berühmt für seine leuchtend gelben Farben. Der Niederländer verwendete sogenanntes Chromgelb, eine Verbindung aus Blei, Chrom und Sauerstoff. „Das Pigment existiert in unter­schiedlichen Schattierungen, und nicht alle davon sind dauerhaft licht­beständig“, erläutert Monico. „Helleres Chromgelb mit einer Beimischung von Schwefel ist anfällig für eine chemische Veränderung unter Lichteinfluss, durch die das Pigment nachdunkelt.“ Licht­beständiges Chromgelb hat die Summenformel PbCrO4, licht­empfindliches dagegen PbCr1-xSxO4, (wobei x größer als etwa 0,4 ist).

Die Forscher untersuchten die Sonnenblumen aus dem Jahr 1889 darauf, ob van Gogh darin verschiedene Chromgelb-Varianten verwendet hat. Der Niederländer hat das Bild drei Mal gemalt. Je eine Variante hängt in der National Gallery in London, im Seji Togo Memorial Sompo Japan Nipponkoa Museum of Art in Tokio und im Van-Gogh-Museum Amsterdam. Zwei weniger als einen Millimeter kleine Farbpartikel aus dem Gemälde in Amsterdam wurden mit PETRA III durchleuchtet. „Die Analyse zeigt, dass orangegelbe Schattierungen vor allem die lichtbeständige Variante von Chromgelb enthalten, während sich in hellgelben Bereichen vor allem eine lichtempfindliche Chromgelb-Variante findet“, berichtet Gerald Falkenberg, Leiter der DESY-Messstation P06, an der die Röntgen­beugungs­messungen stattfanden.

Abb.: Mikroskopaufnahme einer Farbprobe aus dem Bereich des Tisches (unterer Gemälderand) auf dem untersuchten Sonnenblumen-Gemälde (oben; Bild: The Netherlands Cultural Heritage Agency, RCE, Amsterdam). Auf der Oberfläche der Farbprobe hat sich das Chromgelb verändert, wo CrIII-Verbindungen (grün) die orangegelben CrVI-Verbindungen (rot) ersetzt haben (unten; Bild: L. Monico et al.).

An der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF in Grenoble untersuchte das Forscherteam den chemischen Zustand der Farbproben. Wenn licht­empfindliches Chromgelb nachdunkelt, wird das Chrom von seinem höchsten Oxidations­zustand CrVI in den Zustand CrIII reduziert. Tatsächlich konnten die Wissenschaftler an der Oberfläche der Farb­partikel einen relativen Anteil von 35 Prozent CrIII messen. „Zumindest an den beiden untersuchten Stellen, von denen die Farbproben stammen, ist in den Sonnen­blumen eine Farbveränderung durch eine Chromgelb-Reduzierung eingetreten“, sagt Monico.

Die Sonnenblumen haben ursprünglich also möglicherweise anders ausgesehen als heute. Mit einem mobilen Scanner haben die Wissenschaftler Bereiche auf dem Amsterdamer Gemälde identifiziert, die künftig besonders genau auf Farb­veränderungen hin beobachtet werden sollten. „Da Chromgelb-Pigmente bei den Malern des späten 19. Jahrhunderts weit verbreitet waren, hat diese Studie auch weiterreichende Konsequenzen dafür, wie die Farben anderer Kunstwerke einzuschätzen sind“, betont Koen Janssens von der Universität Antwerpen.

DESY / DE

Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Meist gelesen

Themen