Die heißen Wehen des Atlantik
Die Temperatur im Erdmantel stand mit dem Aufbrechen des Atlantischen Ozeans in direktem Zusammenhang – das ergab die Analyse von 340 Gesteinsproben.
Durch vulkanische Prozesse bilden sich jedes Jahr etwa drei Quadratkilometer neuer Erdkruste an den Mittelozeanischen Rücken, den Nahtstellen zwischen einzelnen Kontinentalplatten. 20 Kubikkilometer Gesteinsschmelze, sogenanntes Magma, dringen hier alljährlich nach oben, erkalten und formen den neuen Meeresboden. Das Ausmaß der vulkanischen Aktivität und damit auch die Magmenmenge, die eruptiert wird, hängen mit der jeweiligen Manteltemperatur zusammen. Derartige Veränderungen werden teilweise für Schwankungen des globalen Meeresspiegels verantwortlich gemacht und tragen bedeutend zum jährlichen Ausstoß von CO2 in die Atmosphäre bei.
Abb.: Das Bohrkernlager Bremen (BCR, Bremen Core Repository) ist eines von weltweit drei Lagern des Integrated Ocean Drilling Programs (IODP), in denen Bohrkerne für wissenschaftliche Zwecke archiviert werden. Hier finden sich alle Bohrkerne aus dem Atlantik mit einer Gesamtlänge von mehr als 150 Kilometern. (Bild: P. A. Brandl)
Auskunft über solche Prozesse geben Gesteinsproben, die aus der Tiefe des Erdmantels entnommen werden. Für die DFG-geförderten Studien standen Bohrkerne zur Verfügung, die während der letzten 40 Jahre im Atlantik und Pazifik gewonnen wurden, unter anderem mit dem amerikanischen Schiff JOIDES Resolution. Geheimnisse aus den letzten 200 Millionen Jahren Erdgeschichte warteten in den Gesteinsarchiven auf ihre Entschlüsselung durch die Erlanger Wissenschaftler.
Abb.: Das Bohrschiff JOIDES Resolution erlaubt mehr als zwei Kilometer tiefe wissenschaftliche Bohrungen in bis zu 6000 Metern Wassertiefe und ermöglicht einzigartige Einblicke in Aufbau und Prozesse des Erdinneren. Das Foto zeigt den über 60 Meter hohen Bohrturm bei Nacht. (Bild: C. Beier)
Um die Botschaft der Erde zu entziffern, müssen Änderungen in der Gesteinszusammensetzung interpretiert werden. Dabei ergab sich, dass direkt nach der Öffnung des Atlantischen Ozeans unter dieser Region deutlich höhere Temperaturen im Erdmantel herrschten, als dies heute der Fall ist. Die Temperaturdifferenz betrug bis zu 150 Grad Celsius und es dauerte 60 bis 70 Millionen Jahre, bevor der Erdmantel unter dem Atlantik die heutige Temperatur um 1350 Grad Cesius erreichte.
Die Erlanger Wissenschaftler beobachteten, wie sie betonen, jedoch auch, dass dieser Effekt nicht global zu finden ist. Reste des Superkontinents Pangäa behinderten damals den Transport von Wärme aus dem Erdinneren an die Oberfläche durch „kontinentale Isolierung“. Ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Manteltemperatur und dem Aufbrechen von Kontinenten existiert heute entlang des Roten Meeres und des Golfes von Aden bis hin zum Zentralindischen Rücken.
FAU Erlangen-Nürnberg / PH