18.10.2013

Die inverse Mayo

Inverse Emulsionen, die aus umgekehrten Phasen wie normale Emulsionen bestehen, sind in vielerlei Hinsicht interessant. Eine Honig-in-Olivenöl-Creme schmeckt zudem gut.

Mayonnaisen sind sogenannte Öl-in-Wasser-Emulsionen. Wässrige Flüssigkeiten sind die kontinuierliche, Öl die diskontinuierliche Phase. Aber auch inverse Emulsionen, mit genau umgekehrten Phasen, eine Honig-in-Olivenöl Creme haben ihren Reiz. Der Schlüssel zum richtigen Emulgator ist deren Balance zwischen der Wasser- und Fettlöslichkeit.

Mayonnaisen sind standfeste Cremes, gemixt aus Wasser, dem Emulgator Lecithin, Salz, Säure (Zitronen-, Limettensaft oder Essige), reichlich Öl; versetzt mit Gewürzen nach Lust und Laune. Das Geheimnis der hohen Stabilität verbirgt sich hinter molekularen Eigenschaften des Emulgators. Phospholipide, wie Lecithin, besitzen einen stark polaren Kopf, der für eine gute Wasserlöslichkeit des Emulgators verantwortlich ist. Lecithin lässt sich daher gut in Wasser dispergieren.

Für „inverse Mayonnaisen“ werden aber Emulgatoren benötigt, deren Öllöslichkeit überwiegt. Die Wahl fällt auf das Gemisch der Mono- und Diglyceride, die aus „Fettmolekülen“ (Triacylglyceride) entstehen, wenn enzymatisch ein oder zwei Fettsäuren abgespalten werden. Der wasserslösliche Kopf besteht aus einer beziehungsweise zwei schwach polaren OH-Gruppen (Hydroxylgruppen) des Glycerins, die Öllöslichkeit der verbleibenden Fettsäuren überwiegt. Mono-und Diglyceride können bei höheren Temperaturen im Öl gelöst werden und bilden darin je nach Konzentration kugel- oder wurmförmige Mizellen: Die hydrophilen Köpfchen werden durch die ins Öl ragenden Fettsäuren in die Mitte gepackt, um die Freie Energie zu minimieren.

Die Löslichkeit von nicht ionischen, also elektrisch neutralen Emulgatoren wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Die Polarität der Kopfgruppe bestimmt die Wasserlöslichkeit, aber auch die Länge der Fettsäuren. Sind die Fettsäuren kurz, so ist die Wasserlöslichkeit höher. Die Fettlöslichkeit wird hingegen umso besser, je länger die Fettsäuren der Emulgatoren sind und je weniger polar und räumlich ausgedehnt die hydrophile Kopfgruppe sind. Eine genaue Vorhersage des thermodynamischen Verhaltens von Emulgatoren ist daher nur unter Berücksichtigung molekularer und chemischer Details zu treffen.

Abb. Lecithin sowie Mono- und Diglyceride, rot: lipophil, blau: hydrophil. Honig wird von dem Emulgator in Tröpfchen eingeschlossen (stark vereinfacht dargestellt) (Grafik: T. Vilgis).

Ein kulinarisches Beispiel für eine „inverse Emulsion“ ist eine Mayo aus Olivenöl, Honig sowie Mono- und Diglyceriden. Dazu werden 100 ml Olivenöl auf 60 °C erwärmt und etwa 2 g Emulgator darin gelöst. Unter tropfenweiser Zugabe von 40 g Honig und gleichzeitigem Abkühlen und Rühren bildet sich eine standfeste Emulsion: Zucker und Wasser des Honigs werden von dem Emulgator über Wasserstoffbrückenbindungen eingeschlossen. Serviert in kleinen Tropfen aus Spritzfläschchen machen sich die süß-bitteren und fruchtigen Noten und die ölig cremige Textur, was sie beispielsweise neben hellem Fleisch auszeichnet.

Thomas Vilgis, MPI für Polymerforschung, Mainz

Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen. 

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