21.08.2018

Die Mischung macht’s

Clevere Materialwahl ermöglicht Ent­wick­lung schnell­lade­fähiger Fest­körper­batterien.

Festkörperbatterien enthalten keine flüssigen Teile, die aus­laufen oder in Brand geraten könnten. Aus diesem Grund sind sie unempfind­lich gegen­über Hitze und gelten als deut­lich sicherer, zuver­lässiger und lang­lebiger als her­kömm­liche Lithium-Ionen-Batterien. Wissen­schaftler am Forschungs­zentrum Jülich haben jetzt ein neues Konzept vor­ge­stellt, das zehn­mal größere Ströme beim Laden und Ent­laden erlaubt als bis­lang beschrieben. Die Verbesse­rung erzielten sie durch eine clevere Material­wahl: Alle Kompo­nenten wurden aus Phosphat­ver­bin­dungen gefertigt, die chemisch und mecha­nisch sehr gut zusammen­passen.

Abb.: Der feste Elektrolyt dient als stabiles Träger­material für die Elek­troden, die der­zeit beid­seitig per Sieb­druck-Ver­fahren auf­ge­tragen werden. (Bild: R. Panknin, FZ Jülich)

Die geringe Stromstärke gilt als einer der Knackpunkte bei der Ent­wick­lung von Fest­körper­batterien. Sie führt dazu, dass die Batterien relativ viel Zeit zum Laden benötigen. Etwa zehn bis zwölf Stunden dauert es üblicher­weise, bis eine Fest­körper­batterie wieder voll ist. Der neue Zell­typ braucht dagegen weniger als eine Stunde, bis er wieder auf­ge­­laden ist.

„Mit den bisher beschriebenen Konzepten waren nur sehr geringe Lade- und Ent­lade­ströme möglich, die sich auf Probleme an den internen Fest­körper-Grenz­flächen zurück­führen lassen. Hier setzt unser Konzept an, das auf einer günstigen Kombi­nation der Materi­alien beruht und das wir auch schon paten­tiert haben", erklärt Hermann Tempel vom FZ Jülich. In her­kömm­lichen Lithium-Ionen-Batterien kommt ein flüssiger Elektro­lyt zum Ein­satz, der die Elek­troden in der Regel sehr gut kontak­tiert. Mit ihrer struk­tu­rierten Ober­fläche nehmen die Elek­troden die Flüssig­keit auf wie ein Schwamm, sodass eine große Kontakt­fläche ent­steht. Zwei Fest­körper lassen sich prinzi­piell nicht derart lücken­los mit­ein­ander ver­binden. Der Über­gangs­wider­stand zwischen den Elek­troden und dem Elek­trolyt fällt ent­sprechend höher aus.

„Um dennoch einen möglichst großen Stromfluss über die Schicht­grenzen hinweg zu ermög­lichen, haben wir alle Kompo­nenten aus sehr ähn­lichen Materi­alien auf­ge­baut. Anode, Kathode und Elek­trolyt wurden alle aus ver­schie­denen Phosphat­ver­bin­dungen gefertigt“, erklärt Tempel. Dadurch lassen sich hohe Lade­raten erzielen.

Als stabiles Trägermaterial dient der feste Elektrolyt, auf den die Phosphat-Elek­troden beid­seitig per Sieb­druck-Ver­fahren auf­ge­tragen werden. Die ver­wendeten Materi­alien sind preis­günstig zu beschaffen und relativ leicht zu ver­arbeiten. Anders als Lithium-Ionen-Batterien kommt die neue Fest­körper­batterie zudem weit­gehend ohne giftige oder bedenk­liche Stoffe aus.

„In ersten Tests erwies sich die neue Batteriezelle über fünf­hundert Lade- und Ent­lade­zyklen recht stabil und ver­fügte danach immer noch über 84 Prozent ihrer ursprüng­lichen Kapa­zität", berichtet Shicheng Yu vom FZ Jülich. „Hier besteht aller­dings noch Verbes­se­rungs­poten­zial. Theore­tisch sollte sogar ein Ver­lust von unter einem Prozent machbar sein."

Festkörperbatterien werden aktuell mit Hochdruck als Energie­speicher für Elektro­mobile der über­nächsten Genera­tion ent­wickelt. Die Forscher am FZ Jülich glauben aber, dass Fest­körper­batterien sich darüber hinaus auch in weiteren Anwen­dungs­feldern durch­setzen werden, bei denen es auf lang­lebige Betriebs­dauern und sicheren Betrieb ankommt, wie etwa in der Medizin­technik oder bei inte­grierten Bau­teilen im Smart-Home-Bereich.

FZJ / RK

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