Die zwei Gesichter des Mars
Ist ein Asteroiden-Einschlag der Grund dafür, dass der Planet Mars zwei extrem unterschiedliche Hemisphären besitzt? Vieles scheint dafür zu sprechen.
Ist ein Asteroiden-Einschlag der Grund dafür, dass der Planet Mars zwei extrem unterschiedliche Hemisphären besitzt? Vieles scheint dafür zu sprechen.
Seit Jahrzehnten rätseln die Astronomen, warum der Planet Mars zwei extrem unterschiedliche Hemisphären besitzt: Während die Nordhalbkugel von einer flachen Ebene beherrscht wird, dominiert auf der Südhalbkugel raues, gebirgiges Terrain. Ein amerikanisches Forscherteam präsentiert jetzt eine Erklärung für die zwei Gesichter des roten Planeten. Demnach ist in der Frühzeit des Mars, vor etwa vier Milliarden Jahren, ein großer Asteroid mit dem Planeten zusammengestoßen. Die nördliche Borealis Bassin wäre dann, so schreiben die Wissenschaftler in „Nature“, der Überrest des Einschlagkraters und damit die größte bekannte Impakt-Struktur im Sonnensystem.
„Wir haben die Hypothese vom Mega-Einschlag nicht bewiesen“, gibt sich Jeffrey Andrews-Hanna vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge vorsichtig, „aber die Mehrheit der Beweise spricht nun für diese Vorstellung.“ Andrews-Hanna und seine Kollegen Maria Zuber und Bruce Banerdt hatten eine komplexe Analyse der von Raumsonden gelieferten Höhen- und Schwerkraft-Daten des Mars durchgeführt. Damit gelang es ihnen, die ursprüngliche Form des nördlichen Borealis Bassins zu rekonstruieren.
Denn am Rand dieser Ebene ist in einer späteren Epoche des Planeten eine Reihe gewaltiger Vulkane entstanden, deren Gebirgszüge die Begrenzung der Ebene verwischen. Die Analyse von Andrews-Hanna und seinem Team zeigt nun jedoch, dass es sich bei der nördlichen Ebene ursprünglich um ein 10.600 Kilometer langes und 8500 Kilometer breites, elliptisches Bassin handelt. Außerdem fanden die Forscher Anzeichen für einen zweiten Ring außerhalb des Bassins, eine für große Einschlagbecken typische Struktur. „Der Einschlag eines großen Körpers ist wirklich der einzige bekannte Mechanismus, der solche Strukturen erzeugen kann“, ist sich Andrews-Hanna sicher.
Abb.: Künstlerische Darstellung des Einschlags eines großen Asteroiden auf dem Mars (Quelle: Jeff Andrews-Hanna)
Schon 1984 hatte Steven Squyres von der Cornell University in Ithaca im US-Bundesstaat New York vorgeschlagen, dass ein gigantischer Einschlag für die zwei Gesichter des Mars verantwortlich ist. Doch bislang gab es keinerlei Beweise für eine solche Katastrophe – und insbesondere die unregelmäßige Form der nördlichen Ebene sprach sogar dagegen. Deshalb hatten viele Planetenforscher die These favorisiert, dass interne Prozesse zu einer Aufschmelzung eines Teils der Planetenkruste und damit zur Bildung des Borealis Bassins geführt hätten.
Endgültig entschieden ist die Frage nun allerdings noch nicht, wie Walter Kiefer vom Lunar and Planetary Institute in Houston in einem begleitenden „News & Views“-Artikel in „Nature“ betont. Dazu seien weitere Untersuchungen nötig. Künftige Marssonden könnten, so sein Vorschlag, nach Unterschieden in der chemischen Zusammensetzung der Marskruste auf der Nord- und Südhalbkugel suchen.
Unterstützung erhalten Andrews-Hanna und seine Kollegen unterdessen von zwei weiteren amerikanischen Forscherteams, die – ebenfalls in „Nature“ – Simulationen des vermuteten Asteroideneinschlags präsentieren. Das nördliche Bassin könnte danach von einem etwa 2000 Kilometer großen Asteroiden, der mit einer Geschwindigkeit von rund 36.000 Kilometern pro Stunde in flachem Winkel auf die Oberfläche des Mars getroffen ist, erzeugt worden sein. Die Simulationen zeigen, dass die Folgen eines derart gewaltigen Einschlags lokal begrenzt bleiben. Eine globale Katastrophe hätte dagegen die Spur des Einschlags verwischt
Wäre der Asteroid doppelt so groß gewesen, so hätte den Mars vermutlich das gleiche Schicksal ereilt wie die Erde. Unser Heimatplanet stieß nach heutigen Erkenntnissen in der Frühzeit des Sonnensystems mit einem etwa 7000 Kilometer großen Himmelskörper zusammen. Die Oberfläche der Erde wurde durch die Energie des Aufpralls vollständig geschmolzen - und aus den ins Weltall geschleuderten Trümmern entstand unser Mond.
Rainer Kayser
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichungen:
J. C. Andrews-Hanna, M. T. Zuber und W. B. Banerdt, The Borealis basin and the origin of the martian crustal dichotomy, Nature 453, 1212 (2008).
http://dx.doi.org/10.1038/nature07011
M. M. Marinova, O. Aharonson und E. Asphaug, Mega-impact formation of the Mars hemispheric dichotomy, Nature 453, 1216 (2008).
http://dx.doi.org/10.1038/nature07070
F. Nimmo et al., Implications of an impact origin for the martian hemispheric dichotomy, Nature 453, 1220 (2008).
http://dx.doi.org/10.1038/nature07025 - Kommentierender „News & Views“-Artikel:
W. S. Kiefer, Forming the martian great devide, Nature 453, 1191 (2008).
http://dx.doi.org/10.1038/4531191a - Massachusetts Institute of Technology:
http://web.mit.edu - Lunar and Planetary Institute:
http://www.lpi.usra.edu