04.07.2022

Dipolmomente in Festkörpern sichtbar gemacht

Neue Einblicke in die Wechselwirkung von Licht und Materie.

Die Wechselwirkung von Licht und Materie sorgt etwa dafür, dass Pflanzen Photo­synthese betreiben und Solarzellen Strom erzeugen können. Die Effizienz der Lichtabsorption in Materie wird auf der mikro­skopischen Skala durch Übergangs­dipolmomente bestimmt. Die Arbeitsgruppe von Martin Aeschlimann und Benjamin Stadtmüller an der TU Kaisers­lautern hat nun eine Methode entwickelt, um die Orientierung dieser Dipol­momente in Festkörpern sichtbar zu machen. Sie basiert auf der kohärenten Über­lagerung von Elektronen, die ein Festkörper bei optischer Anregung emittiert. 

Abb.: Optische Anregung im Festkörper mit anschließender Interferenz der...
Abb.: Optische Anregung im Festkörper mit anschließender Interferenz der photo­emittierten Elektronen. (Bild: Nat. Commun. / TUK)

Wellenlänge und Einfalls­winkels auf der Oberfläche des Materials bestimmen die Wechsel­wirkung von Licht und Materie. Trifft Licht in einem ungüns­tigen Winkel auf das Material, wird nur sehr wenig davon absorbiert. Auf der anderen Seite gibt es Einfalls­richtungen, entlang welcher es zu einer extrem effizienten Licht­absorption im Material kommt. Diese Richtungs­abhängigkeit der Lichtabsorption wird auf der mikroskopischen Skala durch die Übergangs­dipolmomente beschrieben. Diese spiegeln die Symmetrien der elek­tronischen Zustände der Materie wieder und sind damit ebenfalls durch deren Struktur bestimmt.

In Farbstoff­molekülen, wie sie beispielsweise bei der Photosynthese im Einsatz sind, ist die Orientierung der optischen Übergangs­dipole und der damit einher­gehenden winkel­abhängigen Licht­absorption nahezu umfassend verstanden. Haben solche Moleküle eine besonders ausgeprägte strukturelle Symmetrie, etwa durch eine längliche Verkettung von Kohlenstoff­ringen, so richtet sich das Dipolmoment entlang oder senkrecht zu dieser Symmetrieachse aus. Ist das elektrische Feld des Lichtes nun parallel zu den Dipolmomenten, wird es effizient absorbiert. Bei metallischen oder halb­leitenden Festkörper­systemen, die für die Energie­gewinnung in der Photovoltaik zum Einsatz kommen, lässt sich diese anschauliche Logik nicht anwenden. Grund hierfür ist, dass sich in diesen Systemen viele elektronische Zustände überlagern. 

Nun haben die Kaisers­lauterer Forscher die optische Anregung an einer Silber­oberfläche mit Hilfe von photo­emittierten Elektronen analysiert. Um die Probe zu untersuchen, nutzen sie anstelle von zwei identischen Lichtpulsen eine Sequenz von zwei Lichtpulsen mit zueinander senkrecht ausgerichteten, gekreuzten elektrischen Feldern. „Durch diese spezielle Anordnung der elektrischen Lichtfelder konnten wir einen sehr sensitiven optischen Sensor für die Orientierung der Dipol­momente in Materialien realisieren“, erklärt Tobias Eul. „Die Orien­tierung der Dipolmomente kann dabei mehr oder weniger aus der Höhe des Messsignals für unter­schiedliche Ausrichtungen der gekreuzten Laserpulse bezüglich der Probenoberfläche errechnet werden.“ Die Allgemein­gültigkeit dieses Verfahrens wurde zusätzlich durch ausführliche numerischen Simulationen bestätigt.

Im Rahmen ihres Experiments haben die Forschenden die Übergangs­dipolmomente von zwei verschiedenen optischen Anregungs­kanälen an der Silber­oberfläche sichtbar gemacht. Dabei konnten sie ebenfalls Rückschlüsse auf die Überlagerung der elektronischen Zustände im Volumen des Silber­festkörpers ziehen. Ihre Methode und die zugrundeliegenden theoretischen Überlegungen lassen sich demnach generell auf Festkörper­systeme anwenden. Somit ist es künftig möglich, weitere Erkenntnisse zwischen Symmetrien der Struktur von Materie und der Effizienz der optischen Anregung zu erlangen.

TUK / JOL

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