Dipolmomente in Festkörpern sichtbar gemacht
Neue Einblicke in die Wechselwirkung von Licht und Materie.
Die Wechselwirkung von Licht und Materie sorgt etwa dafür, dass Pflanzen Photosynthese betreiben und Solarzellen Strom erzeugen können. Die Effizienz der Lichtabsorption in Materie wird auf der mikroskopischen Skala durch Übergangsdipolmomente bestimmt. Die Arbeitsgruppe von Martin Aeschlimann und Benjamin Stadtmüller an der TU Kaiserslautern hat nun eine Methode entwickelt, um die Orientierung dieser Dipolmomente in Festkörpern sichtbar zu machen. Sie basiert auf der kohärenten Überlagerung von Elektronen, die ein Festkörper bei optischer Anregung emittiert.
Wellenlänge und Einfallswinkels auf der Oberfläche des Materials bestimmen die Wechselwirkung von Licht und Materie. Trifft Licht in einem ungünstigen Winkel auf das Material, wird nur sehr wenig davon absorbiert. Auf der anderen Seite gibt es Einfallsrichtungen, entlang welcher es zu einer extrem effizienten Lichtabsorption im Material kommt. Diese Richtungsabhängigkeit der Lichtabsorption wird auf der mikroskopischen Skala durch die Übergangsdipolmomente beschrieben. Diese spiegeln die Symmetrien der elektronischen Zustände der Materie wieder und sind damit ebenfalls durch deren Struktur bestimmt.
In Farbstoffmolekülen, wie sie beispielsweise bei der Photosynthese im Einsatz sind, ist die Orientierung der optischen Übergangsdipole und der damit einhergehenden winkelabhängigen Lichtabsorption nahezu umfassend verstanden. Haben solche Moleküle eine besonders ausgeprägte strukturelle Symmetrie, etwa durch eine längliche Verkettung von Kohlenstoffringen, so richtet sich das Dipolmoment entlang oder senkrecht zu dieser Symmetrieachse aus. Ist das elektrische Feld des Lichtes nun parallel zu den Dipolmomenten, wird es effizient absorbiert. Bei metallischen oder halbleitenden Festkörpersystemen, die für die Energiegewinnung in der Photovoltaik zum Einsatz kommen, lässt sich diese anschauliche Logik nicht anwenden. Grund hierfür ist, dass sich in diesen Systemen viele elektronische Zustände überlagern.
Nun haben die Kaiserslauterer Forscher die optische Anregung an einer Silberoberfläche mit Hilfe von photoemittierten Elektronen analysiert. Um die Probe zu untersuchen, nutzen sie anstelle von zwei identischen Lichtpulsen eine Sequenz von zwei Lichtpulsen mit zueinander senkrecht ausgerichteten, gekreuzten elektrischen Feldern. „Durch diese spezielle Anordnung der elektrischen Lichtfelder konnten wir einen sehr sensitiven optischen Sensor für die Orientierung der Dipolmomente in Materialien realisieren“, erklärt Tobias Eul. „Die Orientierung der Dipolmomente kann dabei mehr oder weniger aus der Höhe des Messsignals für unterschiedliche Ausrichtungen der gekreuzten Laserpulse bezüglich der Probenoberfläche errechnet werden.“ Die Allgemeingültigkeit dieses Verfahrens wurde zusätzlich durch ausführliche numerischen Simulationen bestätigt.
Im Rahmen ihres Experiments haben die Forschenden die Übergangsdipolmomente von zwei verschiedenen optischen Anregungskanälen an der Silberoberfläche sichtbar gemacht. Dabei konnten sie ebenfalls Rückschlüsse auf die Überlagerung der elektronischen Zustände im Volumen des Silberfestkörpers ziehen. Ihre Methode und die zugrundeliegenden theoretischen Überlegungen lassen sich demnach generell auf Festkörpersysteme anwenden. Somit ist es künftig möglich, weitere Erkenntnisse zwischen Symmetrien der Struktur von Materie und der Effizienz der optischen Anregung zu erlangen.
TUK / JOL