03.06.2011

DNA-Computer rechnet mit kurzen Erbgut-Schnipseln

Über biochemische Reaktionen können Molekül-Schaltkreise logische Aufgaben lösen.

 

Über biochemische Reaktionen können Molekül-Schaltkreise logische Aufgaben lösen.

Aus 130 Erbgut-Strängen bauten US-amerikanische Wissenschaftler einen rudimentären DNA-Computer, bei dem die Moleküle über biochemische Reaktionen logische Operationen wie "UND" und "ODER" durchführen konnten. Das gesamte DNA-Ensemble war sogar zu einfachen, mathematischen Berechnungen mit kleinen Zahlen fähig. Klassische Computerchips aus Silizium wollen die Forscher mit ihrem Erbgut-Rechner jedoch nicht ersetzten. Aber eingelagert in lebenden Zellen oder Gewebe könnten DNA-Computer biochemische Analysen oder gar Diagnosen von Krankheiten erleichtern.

Abb.: Auch DNA-Moleküle können für logische Schaltprozesse genutzt werden. Ein neuer Ansatz demonstriert die Skalierbarkeit solcher Erbgut-Rechner. (Bild: Science/AAAS)

"DNA ist ein exzellentes Material für biochemische Schaltkreise", schreiben Lulu Qian und Erik Winfree vom California Institute of Technology in Pasadena. Denn die vier Grundbausteine der langkettigen Biomoleküle, die so genannten Nukleotiden oder Basen, können sich völlig selbstständig organisieren. Dabei bindet die Base Adenin (A) immer an Thymin (T) und die Base Guanin (G) an Cytosin (C). Dieser Prozess ist eine wesentliche Grundlage für das Wachstum lebender Organismen, bei dem das Erbgut einer Zelle auf eine neue Zelle übertragen wird. Genau diese Fähigkeit der Moleküle, sich eindeutig anzuordnen, nutzten die kalifornischen Forscher für den Aufbau ihrer logischen DNA-Schaltkreise.

Qian und Winfree ordneten für ihren Erbgut-Rechner kurze, einzelne DNA-Sequenzen wie winzige, molekulare Wippschaukeln an. Je zwei dieser Molekül-Schaukeln können sich nun über die DNA-Bausteine miteinander verknüpfen und abhängig von der Wahl der Basen in die eine oder andere Richtung kippen. "So kann ein Paar von Wippschaukeln logische "UND" und "ODER"-Operationen durchführen", erklären die Forscher. Über die kaskaden-artige Anordnung von bis zu 130 solcher Molekül-Schaukeln gelang es ihnen, aus bis zu vierstelligen, digitalen Zahlen (0000 bis 1111) die Wurzel zu ziehen.

Für diese Berechnungen ließen sie erst ausgewählte Basen an wenige "Input-Wippschaukeln" andocken. Dieser Vorgang entsprach dem "Füttern" des DNA-Computers mit einer Aufgabe und führte zu einer selbst organisierten Kettenreaktion innerhalb der gesamten Molekül-Kaskade. Das Ergebnis der Berechnung lag danach an vier "Output-Wippschaukeln" vor. Deren Ausrichtung und damit das Ergebnis zeigten sich durch leuchtende Fluoreszenzsignale von vorher in die "Output-Wippschaukeln" eingefügten Fluoreszenzmarkern.

Im Unterschied zu zahlreichen früheren Ansätzen für DNA-Computer lassen sich diese in Kaskaden angeordneten Erbgut-Stränge zu immer komplexeren Strukturen erweitern. Diese Skalierbarkeit ist eine wesentlich Voraussetzung für weitere Grundlagenexperimente. Ein Problem bleibt jedoch die Geschwindigkeit solcher Berechnungen. Denn dieser Prototyp brauchte bis zu zehn Stunden, um ein Ergebnis zu liefern. Mit kleineren DNA-Strängen hoffen die Forscher, diese Hürde in Zukunft überwinden zu können.

"Der Ansatz von Qian und Winfree ist ein wichtiger Fortschritt für DNA-Computer", beurteilt John H. Reif von der Duke University die Versuche seiner Kollegen am Caltech. Doch von einer praktischen Anwendung sind DNA-Computer noch weit entfernt. Eine Alternative zur ausgereiften Silizium-Elektronik werden sie kaum bieten können. Sollte es jedoch gelingen, DNA-Schaltkreise in lebende Zellen oder Gewebeproben zu integrieren, bieten sie völlig neue Möglichkeiten für die Analyse biochemischer Prozesse oder zur Diagnose von Krankheiten.

Jan Oliver Löfken

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MH

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