Doktoren mit Qualitätssiegel
Der Wissenschaftsrat hat ein Positionspapier unterbreitet, um die Qualität der Promotionen zu sichern.
Seitdem Plagiatsfälle bei Doktorarbeiten von Prominenten bekannt geworden sind, ist die Art und Weise, wie hierzulande promoviert wird, verstärkt ins Zentrum einer öffentlichen Diskussion gerückt. Auch in der Physik gibt es Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens, wie der "Fall Schön" zeigt. Kürzlich hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt, dass die Universität Konstanz dem Physiker Jan Hendrik Schön den Doktortitel wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zurecht entzogen hat.
In einem Positionspapier hat der Wissenschaftsrat nun Stellung zu den Qualitätsdebatten um die deutsche Promotion genommen und Vorschläge unterbreitet, wie sich hohe Standards künftig besser gewährleisten lassen. So schlägt er u. a. vor, dass die Doktorandenausbildung in kollegialer Verantwortung wahrgenommen werden müsse. Dazu solle ein sog. Promotionskomitee eingesetzt werden, dass die Doktoranden von der Rekrutierung bis zur Verteidigung begleitet und neben dem jeweiligen Betreuer auch als Ansprechpartner zur Verfügung steht. „Modelle kollegialer Betreuung, in denen die Verantwortlichkeiten klar geregelt sind, entlasten Betreuende und stärken die Rolle der Fakultäten“, erläutert Wolfgang Marquardt, der Vorsitzende des Wissenschaftsrats.
Zudem regt der Wissenschaftsrat an, Betreuungsaufwand und -kapazitäten in ein angemessenes Verhältnis zu bringen, flächendeckend Betreuungsvereinbarungen einzuführen und externe Doktorandinnen und Doktoranden besser in Arbeitsgruppen und Forschungskontexte zu integrieren.
Um wissenschaftlichem Fehlverhalten vorzubeugen, müssten Betreuer möglichst früh den korrekten Umgang mit Daten prüfen. Bei experimentellen Arbeiten sei es wichtig, dass sich die Ergebnisse aus den Daten reproduzieren lassen. Außerdem sollten Primärdaten zusammen mit der Promotion abgegeben werden. Des Weiteren schlägt der Wissenschaftsrat vor, dass unabhängige Gutachter die Dissertation zum Schluss bewerten und nicht mehr der Betreuer. Da die Notenskala ohnehin in der Regel nicht ausgeschöpft wird, sei es ausreichend, dabei nur noch zwei Noten zu vergeben: "bestanden" und "mit besonderem Lob".
Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates beziehen sich auf alle Fächer, auch wenn die Promotionsquoten in den einzelnen Disziplinen stark variieren. So promovieren in Informatik nur rund 22 Prozent der Absolventen, in Physik sind es dagegen gut 78 Prozent. Die Universitäten seien es den Doktorandinnen und Doktoranden schuldig, Standards bei der Promotion zu gewährleisten, meinte Marquardt. "Wer viel Kreativität, Ehrgeiz, Fleiß und Lebenszeit in die Forschungsarbeit investiert, dem muss die Universität einen Titel verleihen, dessen hohes Renommee sie garantieren kann", sagte er.
WR/AH
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