04.07.2008

Doppelter Pulsar bestätigt Relativitätstheorie

Einem internationalen Forscherteam gelang es, die relativistische Präzession eines der beiden Neutronensterne von PSR J0737-3039 nachzuweisen und damit ein weiteres Mal die Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu bestätigen.



Der doppelte Pulsar PSR J0737-3039 ist für Astronomen und Physiker ein Glücksfall: Hier umkreisen sich nicht nur zwei Neutronensterne auf einer extrem engen Bahn, sondern diese Bahn liegt auch noch genau in der Sichtlinie der irdischen Beobachter. Dadurch ziehen die beiden Pulsare von der Erde aus gesehen regelmäßig voreinander vorüber - und diese Vorübergänge erlauben eine besonders genaue Vermessung der Geometrie des Doppelsystems. Einem internationalen Forscherteam gelang es nun, die relativistische Präzession eines der beiden Neutronensterne von PSR J0737-3039 nachzuweisen und damit ein weiteres Mal die Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu bestätigen. Die Präzessionsrate beträgt 4,77 Grad pro Jahr, berichten die Wissenschaftler in "Science".

"Von 1700 bekannten Pulsaren ist dies der einzige Fall, in dem sich zwei Pulsare gegenseitig umkreisen", erklärt Rene Breton von der McGill University in Montreal, einer der beteiligten Forscher. Pulsare sind Neutronensterne, ultradichte Sternenleichen, die bei einem Durchmesser von rund 20 Kilometern die Masse einer Sonne enthalten. Sie senden stark gebündelte Radiostrahlen aus, die durch die schnelle Rotation der Neutronensterne wie die Strahlen eines Leuchtturms durch das All schwenken. Wird die Erde von diesen Strahlen getroffen, so registrieren die Astronomen mit ihren Antennen regelmäßige Radiopulse. Die beiden Pulsare von PSR J0737-3039 besitzen Perioden von 22 Millisekunden und 2,7 Sekunden und umkreisen einander alle 2,4 Stunden etwa im doppelten Abstand Erde-Mond.



Abb.: Künstlerische Darstellung des Doppel-Pulsars (Quelle: Daniel Cantin/ McGill University)

Solche engen Systeme aus zwei kompakten Objekten mit entsprechend starker Schwerkraft sind eine idealer Testfall für die Allgemeine Relativitätstheorie. So konnten Russell Hulse und Joseph Taylor bei PSR 1913+16 - einem Pulsar und einem normalen Neutronenstern - sowohl die Zeitdilatation im Schwerefeld, als auch die Abnahme der Umlaufzeit durch die Abstrahlung von Gravitationswellen nachweisen. Letztere Entdeckung brachte den beiden Forschern 1993 den Physik-Nobelpreis ein.

Breton und seine Kollegen haben jetzt einen anderen von Einstein vorhergesagten Effekt nachgewiesen: die relativistische Präzession. Dabei führt die relativistische Spin-Bahn-Kopplung zu einer Präzession der Rotationsachse des Pulsars. "Das ist ein völlig anderer Effekt als die Präzession durch die Gezeitenwirkung, wie wir sie von der Erde her kennen", betont Breton. Die Polachse der Erde taumelt in einem 26.000-Jahreszyklus, weil die Erde nicht exakt kugelförmig ist. "Die Periode der relativistischen Präzession beträgt bei der Erde etwa 67 Millionen Jahre. Dieser Effekt ist also bei unserem Planeten vernachlässigbar." Beim Doppel-Pulsar ist es umgekehrt: Dort dominiert die relativistische Präzession und die Gezeiten-Präzession ist vernachlässigbar.

Die gegenseitigen Bedeckungen der Pulsare erlaubten es Breton und seinen Kollegen, die Veränderungen der Rotationsachse eines der beiden Pulsare zu messen. Vier Jahre lang haben die Forscher dazu das Objekt mit dem Green-Bank-Radioteleskop beobachtet. Die Relativitätstheorie sagt für PSR J0737-3039 eine Präzession von 5,07 Grad pro Jahr voraus, Breton und sein Team haben 4,77 Grad gemessen. Im Rahmen der Genauigkeit von 0,65 Grad stimmen die Ergebnisse überein. Die Allgemeine Relativitätstheorie hat also einen weiteren Test bestanden.

Rainer Kayser

Weitere Infos:

Originalarbeit:

  • "Relativistic Spin Precession in the Double Pulsar", R. P. Breton et al., Science 321, 104 (2008)

weitere Arbeiten:
  • "The Confrontation between General Relativity and Experiment", C. Will, Living Reviews in Relativity 4, 4 (2001)
  • "General relativity and experiment: a brief review", Classical Quantum Gravity 9, S55 (1992)
  • "Binary pulsars as probes of relativistic gravity", T. Damour, Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 341, 135 (1992)

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