DPG warnt vor neuem Verfahren zur Urananreicherung
Das auf Laseranregung basierende SILEX-Verfahren könnte die Anreicherung von Uran vereinfachen und damit zur Verbreitung von Kernwaffen beitragen.
In der Natur kommen die meisten Elemente in verschiedenen Isotopen vor, Uran beispielsweise fast ausschließlich als Uran-235 und Uran-238. Während die chemischen Eigenschaften der Isotope identisch sind, können sich ihre physikalischen Eigenschaften stark unterscheiden. So lässt sich Uran-235 im Gegensatz zu seinem schwereren Schwesterisotop durch thermische Neutronen spalten, wodurch es sowohl für die friedliche Nutzung der Kernenergie als auch für Kernwaffen essenziell ist. Natürliches Uran enthält allerdings nur 0,7 Prozent Uran-235. Daher wurden verschiedene Methoden der Anreicherung entwickelt, um die Konzentration auf einige Prozent für Kernbrennstäbe bzw. rund 80 Prozent für Kernwaffen zu erhöhen. Die etablierten Verfahren nutzen den geringen Massenunterschied, um die Isotope per Gasdiffusion durch poröse Membranen oder in Zentrifugen zu trennen. Sie sind recht ineffizient, technisch anspruchsvoll und erfordern große Anlagen, die der Weltöffentlichkeit kaum verborgen bleiben.
Ein neues Verfahren, das auf der Anregung mit Laserlicht beruht, rückt nun die Anreicherung in deutlich kleineren Anlagen, zu geringeren Kosten und bei höherer Effizienz in greifbare Nähe. Dieses Verfahren steht derzeit am Übergang vom Labor zum industriellen Maßstab, da in den USA in Kürze über die Genehmigung einer kommerziellen Pilotanlage entschieden wird. Dies hat die DPG zum Anlass genommen, um mit einer Ausgabe des Faktenblatts "Physik konkret" auf die damit verbundenen Gefahren hinzuweisen. „Grundsätzlich ist jedes Verfahren, das Elemente in isotopenreiner Form herstellen kann, wichtig und nützlich“, sagte DPG-Präsident Wolfgang Sandner am 26. März bei der Pressekonferenz zur DPG-Jahrestagung in Berlin, „wir sehen aber mit Sorge die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung“.
Abb.: Ausgangsstoff („Feed“) ist bei SILEX gasförmiges Uranhexafluorid (UF6), das aus Natururan hergestellt wird. Das Teilchengemisch enthält sowohl U-235, überwiegend jedoch U-238. Gepulstes IR-Laserlicht regt Moleküle, die Uran-235 enthalten, zu Schwingungen an. Weitere Vorgänge führen zur Trennung der angeregten Moleküle vom Restgas („Tails“). Der Teilchenstrom mit dem Uran-235 („Product“), wird weiterverarbeitet. Das Restgas kann den Prozess mehrfach durchlaufen, um nach und nach weiteres Uran-235 abzuscheiden. (Bild: DPG)
Die Isotopentrennung mit Laserlicht wird bereits seit den 1970er-Jahren untersucht. Prinzipiell am einfachsten wäre es, Uran-235 selektiv mit Laserlicht der passenden Frequenz anzuregen. Aufgrund des Massenunterschieds würde das Licht Uran-238 nicht beeinflussen. Anschließend ließe sich das Uran-235 ionisieren und mit einem elektrischen Feld abtrennen. Was so einfach klingt, hat sich letzten Endes aufgrund technischer Probleme als Sackgasse erwiesen. Die Alternative besteht darin, wie bei den mechanischen Verfahren vom gasförmigen Uranhexafluorid UF6 auszugehen und auszunutzen, dass die Molekülschwingungen von der Isotopenmasse abhängen. Mit infrarotem Laserlicht der Wellenlänge 16 µm lassen sich gezielt diejenigen Moleküle anregen, die Uran-235 enthalten. Eine anschließende Dissoziation erlaubt es, das Uran-235 abzutrennen.
Auch hier sind die technischen Probleme enorm: Die Herausforderung besteht u. a. darin, Laserlicht der passenden Wellenlänge mit hoher Leistung zu erzeugen und das extrem aggressive Fluor zu beherrschen. Ein australisches Unternehmen hat jedoch offenbar diese Hürden überwunden und Patente für dieses SILEX-Verfahren (Separation of Isotopes by Laser Excitation) erhalten. General Electric und Hitachi haben mit einem Gemeinschaftsunternehmen Lizenzen für SILEX erworben und in den USA den Bau einer kommerziellen Produktionsanlage beantragt. Grundsätzlich ist das Verfahren auch für andere Elemente interessant, beispielsweise um für besondere Elektronik-Bauelemente Wafer mit Silizium-28 anzureichern oder um Sauerstoff-18 zu isolieren, das in der Medizin für die Positronen-Emissions-Tomographie eingesetzt wird.
Einzelheiten des SILEX-Verfahrens unterliegen der Geheimhaltung, sodass es schwierig ist, den tatsächlich Aufwand einzuschätzen. Für die Anregung scheinen aber CO2-Laser mit anschließender Frequenzkonversion zum Einsatz zu kommen, denen man im Gegensatz zu Zentrifugen ihren Einsatzzweck nicht ansehen kann. Dies gilt vermutlich auch für die anderen notwendigen Komponenten. Da solche Fabriken aufgrund ihrer mutmaßlich geringen Größe für die Rüstungskontrolle – etwa durch Satellitenbeobachtung – nur schwer aufzuspüren wären, warnen Kritiker vor der Verbreitung der Technologie.
Die Amerikanische Physikalische Gesellschaft APS hat bereits im Sommer 2010 die US Nuclear Regulatory Commission (NRC), die über die Genehmigung der Pilotanlage zu entscheiden hat, aufgefordert, das SILEX-Verfahren im Hinblick darauf zu evaluieren, ob es zur Verbreitung von Kernwaffen führen könnte – bislang ohne Ergebnis. Angesichts der nun bevorstehenden Genehmigung hat sich auch die DPG zu Wort gemeldet, die „traditionell jede Anwendung und Verbreitung von Kernwaffen strikt ablehnt“. Präsident Sandner betonte daher: „Die Verbreitung von Kernwaffen-Technologie muss unter allen Umständen vermieden werden.“
Stefan Jorda / DPG