Dreifache Ringstruktur auf dem Mond
Daten der GRAIL-Raumsonden und Simulationen erklären komplexe Struktur des Mare Orientale.
Nicht nur auf dem Mond, sondern auch auf anderen Himmelkörpern finden sich riesige Einschlagbecken mit komplexen Strukturen. Eines der großen lunaren Einschlagbecken ist das Mare Orientale. Es ist von besonderem wissenschaftlichem Interesse, weil es zu den größten, jüngsten und am besten erhaltenen Impaktstrukturen auf dem Erdtrabanten zählt. Das Mare Orientale liegt im äußersten Westen der erdabgewandten Seite des Mondes, an der Grenze zur Vorderseite. Deshalb ist von der Erde aus kaum zu sehen. Das Mare Orientale besitzt eine dreifache Ringstruktur mit Durchmessern von rund dreihundert bis eintausend Kilometern und stellt damit das drittgrößte Einschlagbecken auf dem Mond dar. Entstanden ist es vor rund 3,85 Milliarden Jahren gegen Ende des großen Bombardements.
Abb.: Gravitationsfeld-Modell des Einschlagbeckens Orientale, modelliert nach Daten der GRAIL-
Unter anderem um solche Strukturen zu untersuchen, betrieb die NASA von 2011 bis 2012 das Raumsonden-
Zwei Teams von Wissenschaftlern haben anhand der gewonnenen Daten jetzt die Entstehung des Mare Orientale nachzeichnen können. Eine besondere Rolle spielt dabei die Größe des ursprünglichen Einschlagkraters, der heute nicht mehr sichtbar ist und sich nur durch die Untersuchung des Untergrunds bestimmen lässt. Das Problem hierbei: Bei kleineren Einschlägen entsteht ein Krater, aus dessen Größe man auf den Impaktor schließen kann. Bei großen Kollisionen gibt es jedoch einen Rückstoß des gestauchten Gesteins, der alle Spuren des ursprünglichen Kraters vernichten kann.
Eine Forschergruppe analysierte die GRAIL-Daten vom Mare Orientale und konnte so Tiefenkarten des Geländes mit bislang unerreichter Detailtreue erstellen. Die Forscher erreichten eine Auflösung von wenigen Kilometern. Nach diesen Karten lag der ursprüngliche Krater zwischen den beiden inneren Ringen. Der innere Ringe ist demnach nicht, wie lange angenommen, der eigentliche Einschlagkrater. Dieser hatte anfangs einen Durchmesser zwischen 320 und 460 Kilometern. Anhand der Kratergröße konnten die Forscher auch die Menge an herausgeschleudertem Material bei der Kollision bestimmen. Sie beträgt einige Millionen Kubikkilometer Gestein.
Ein anderes Team von Wissenschaftlern hat anhand der GRAIL-
Nach dem Einschlag bildete sich vermutlich für kurze Zeit eine bis zu 140 Kilometer hohe Erhebung, die aber schnell wieder kollabierte. Die einstürzenden Felsmassen erzeugten die innere Ringstruktur in einer Entfernung von 175 Kilometern. Diese Prozesse geschahen laut den Simulationen wohl alle innerhalb von Minuten nach dem Einschlag.
Wie die Analyse der Gravitationsdaten zeigt, befindet sich unterhalb der Oberfläche des Orientale-
Wie die Simulationen ergaben, lag das Zentrum des Beckens drei Stunden nach dem Einschlag gut sieben Kilometer tiefer als heute. Der Anstieg in der Folgezeit erklärt sich durch die langsame Entspannung des gestauchten Gesteins. Dank dieser neuen Einsichten hoffen die Wissenschaftler, auch andere große Kratersysteme auf Mond, Mars und Erde besser zu verstehen. Die Daten vom Mond sind in dieser Hinsicht besonders wertvoll, da dort im Vergleich zu anderen Himmelskörpern wenig geologische Prozesse stattfinden und die Einschlagstrukturen sehr gut erhalten sind.
Dirk Eidemüller
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RK