08.12.2016

Dritte Variante eines natürlichen Quasikristalls

Im Khathyrka-Meteoriten identifizieren Physiker eine neue Struktur, die noch nicht zuvor im Labor synthetisiert wurde.

Quasikristalle brechen mit den klassischen Regeln der Kristallo­graphie, da sie keine Translations­symmetrie aufweisen. Anders als Salze oder reine Metalle bildet ihre Ikosaeder-Struktur eine fünfzählige Symmetrie. Wurden die meisten Quasi­kristalle bisher im Labor synthetisch hergestellt, entdeckten nun italienische und amerikanische Physiker eine dritte Variante eines natürlichen Quasi­kristalls im Khatyrka-Meteoriten aus den Karyak-Bergen auf der ost­sibirischen Kamschatka-Halbinsel. Gingen den früheren Funden natürlicher Quasi­kristalle identische Zwillinge aus dem Labor voraus, ist der nun entdeckte Quasi­kristall bislang einzigartig.

Abb.: Elektronenbeugung-Aufnahme einer Mineralprobe mit der neuen Variante von Quasikristallen (blumenförmige Strukturen; Bild: P.J. Steinhardt et al., Princeton Univ.)

„Die Ikosaeder-Struktur, vergleichbar mit der Symmetrie eines Fußballs, konnten wir mit detaillierten Elektronen­beugungs-Experimenten nachweisen“, sagt Paul J. Steinhardt von der Princeton University. Gemeinsam mit Luca Bindi von der Università di Firenze und weiteren Kollegen entdeckte er den neuen Quasi­kristall in einer nur knapp einen halben Millimeter kleinen Probe vom Khatyrka-Meteoriten. Dabei handelt es sich wie bei den beiden schon zuvor entdeckten Quasi­kristall­varianten um ein Material aus den Metallen Aluminium, Kupfer und Eisen mit der genauen Zusammensetzung Al62.0(8)Cu31.2(8)Fe6.8(4). Damit unterscheidet sich diese Variante zum ersten entdeckten Quasi­kristall (Al63Cu24Fe13) im Verhältnis der pro Kristall­einheit enthaltenen Metallatome.

Dieser neue Fund stützt nach Annahme der Forscher die Annahme, dass die Quasikristalle wahrscheinlich nicht auf Erde entstanden sind. Steinhardt und Kollegen vermuten, dass bei einer Kollision von Meteoriten im Weltraum für kurze Zeit ein enormer Druck von bis zu fünf Giga­pascal bei etwa 1200 Grad Celsius aufgebaut wurde. Dabei konnte das Material wahrscheinlich kurz aufschmelzen und in der Kälte des Alls schnell wieder erstarren, um dabei die ungewöhnliche Quasi­kristall-Struktur zu stabilisieren.

Abb.: Detailanalysen der Elektronenbeugungs-Aufnahmen offenbaren eine fünfzählige Ikosaeder-Struktur der Quasikristalle. (Bild: P.J. Steinhardt et al., Princeton Univ.)

Quasikristalle wurden erstmals in den frühen 1980er Jahren vom israelischen Wissenschaftler Daniel Shechtman mit einer Aluminium-Mangan-Legierung synthetisiert. Anfangs umstritten, wurde Shechtman für seine Arbeiten 2011 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet. Heute spielen Quasi­kristalle mit ihrer aperiodischen Struktur nicht nur in der Grundlagen­forschung eine wichtige Rolle. Auch für Material­wissenschaftler sind sie – im Labor künstlich hergestellt – wegen ihrer über­raschenden physikalischen Eigenschaften interessant. So können Zusätze von Quasikristallen zu sehr festen Spezialstählen führen. An weiteren Anwendungen in Katalysatoren oder für extrem widerstand­fähige Beschichtungen wird geforscht.

Jan Oliver Löfken

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