Droht ein Vulkanausbruch in der Ägäis?
Expedition sammelt Daten für präzise 3D-Modelle der Unterwasservulkane.
Die Inselgruppe Santorin in der südlichen Ägäis und der Meeresboden davor sind Zeugen von gewaltigen Vulkanausbrüchen und starken seismischen Kräften. Meereswissenschaftler aus Deutschland und Griechenland untersuchen derzeit mit dem Forschungsschiff Poseidon des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel die Region um Santorin, um das Wissen über die Gefahren des Vulkanismus dort zu erweitern.
Abb.: Das autonome Unterwasserfahrzeug Abyss hat in den vergangenen drei Wochen Meeresboden in der südlichen Ägäis kartiert, um mehr über den Vulkanismus der Vergangenheit zu erfahren. (Bild: E. Wenzlaff / Geomar)
Heute schiebt sich die afrikanische Erdplatte mit einer Geschwindigkeit von rund vier Zentimetern pro Jahr unter die Ägäische Mikroplatte und verursacht so Vulkanismus, Erdbeben und als Folge von beidem auch Tsunamis. Doch im Detail sind noch viele Fragen über die Prozesse im Meeresboden offen. Um einige dieser Wissenslücken zu schließen, ist derzeit das nach dem mythologischen Gott benannte Forschungsschiff Poseidon im Gebiet der südlichen Kykladen im Einsatz.
In Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Athen untersuchen die Kieler Meeresforscher die Geschichte des Vulkanismus rund um die Inselgruppe. Sie ist von großem wissenschaftlichen Interesse, denn die heutigen Inseln sind Spuren der wohl größten Vulkaneruption der vergangen 10.000 Jahre. Der Ausbruch ereignete sich um das Jahr 1600 v. Chr. und wird mit dem Ende der minoischen Kultur in Verbindung gebracht. Noch immer sind Vulkane auf Santorin und in der Umgebung aktiv.
Begonnen haben die Untersuchungen Anfang März. Während der ersten dreieinhalbwöchigen Expedition setzte das Team in den Gewässern östlich von Santorin das autonome Unterwasserfahrzeug (AUV) Abyss ein. Es konnte so fast 100 Quadratkilometer des Meeresbodens auf der Suche nach Spuren früherer tektonischer Aktivität und unterseeischen Vulkanausbrüchen kartieren. Dabei vermaß das AUV Abyss auch den noch aktiven Unterwasservulkan Kolumbo mit einer bisher nicht erreichten Genauigkeit. „Diese Plattentektonik wirkt seit Millionen von Jahren auf die Region ein. Einige der feinen Strukturen, die wir jetzt in den AUV-Karten sehen können, erzählen uns viel über die mögliche zukünftige Entwicklung der Vulkane“, erklärt der wissenschaftliche Fahrtleiter Mark Hannington.
Das zweite Expeditionsteam unter Leitung von Jörg Geldmacher wird in den kommenden drei Wochen unter anderem mit dem ferngesteuerten Tauchroboter ROV Phoca Proben von vulkanischen Gesteinen aus den steilen Unterwasser-Klippen Santorins sammeln, um die frühe Geschichte der Vulkane und die Entwicklung des Magmas zu verstehen. „Mit dem ROV Phoca werden wir außerdem die ersten hochauflösenden Foto-Mosaike des Meeresbodens produzieren, aus denen anschließend präzise 3D-Modelle der Unterwasservulkane berechnet werden können“, erklärt Geldmacher.
Im Mai wird Armin Freundt schließlich eine letzte zweiwöchige Expedition führen, um Kerne von Tiefsee-Sedimenten zu nehmen, die Informationen über von hochexplosive Eruptionen der vergangenen 160.000 Jahren enthalten. Diese Proben werden dazu beitragen, die Gefahren von vergangenen Eruptionen als Maß für das Risiko aus zukünftigen vulkanischen Aktivitäten zu quantifizieren.
Geomar / JOL