03.11.2015

Dünne Neutronenhaut

Erstmals Neutronenverteilung des Atomkerns Kalzium-48 berechnet.

Der Kern von Kalzium-48 besteht aus 20 Protonen und 28 Neutronen und stellt ein komplexes quanten­mechanisches Viel­teilchen­system dar. Einem internationalen Wissenschaftler­team ist es erstmals gelungen, mit Hilfe von Hochleistungs­rechnern die Neutronen­verteilung in diesem Atomkern zu berechnen. Demnach ist die Neutronenhaut, also die Differenz zwischen den Radien der Neutronen- und Protonen­verteilung, deutlich kleiner ist als ursprünglich angenommen.

Abb.: Die Berechnungen des Teams verbinden die Neutronenverteilung des Atomkerns Kalzium-48 (Bildmitte) mit dem Radius eines Neutronensterns, wie er z.B. im Zentrum des Krebsnebels existiert (oben links, Bild: ORNL).

Die elektrische Ladungsverteilung eines Atomkerns ist theoretisch gut verstanden und auch experimentell gut zugänglich. Im Gegensatz dazu ist die Neutronen­verteilung aufgrund der Ladungs­neutralität der Neutronen schwierig zu messen. Da der Atomkern Kalzium-48 acht Neutronen mehr als Protonen hat, ragt aber die Neutronen­verteilung über die Ladungs­verteilung hinaus. Somit sind die neuen Resultate essentiell für die Beantwortung der grundlegenden Frage: Wie groß ist ein Atomkern?

„Wir starteten von Grundprinzipien, als wir den Atomkern Kalzium-48 aus seinen fundamentalen Bestandteilen, Protonen und Neutronen, am Rechner simulierten“, erklärt Gaute Hagen vom Oak Ridge National Laboratory. „Dieses stark korrelierte System, bestehend aus 48 Nukleonen, ist als quanten­mechanisches Viel­teilchen­problem alles andere als einfach zu lösen. Viele Fortschritte waren insgesamt für die Ergebnisse nötig: akkurate Kernkräfte, ausgeklügelte Rechen­algorithmen und moderne Hochleistungs­rechner.“ Die Rechnungen wurden auf Titan, dem stärksten Supercomputer der USA, und am Jülich Supercomputing Center durchgeführt.

Neben der Neutronen­verteilung erlauben die Hochleistungs­rechnungen auch, damit verbundene physikalische Größen vorherzusagen, die in Präzisions­messungen künftig experimentell untersucht werden. Dazu gehört die Dipol-Polarisier­barkeit von Kalzium-48, die ein Team der Darmstadt-Osaka-Kollaboration dabei ist zu bestimmen. Außerdem bereiten Forscher des Jefferson Labs in den USA Messungen des Neutronen­radius von Kalzium-48 vor. Die Erkenntnisse dieser Experimente könnten die theoretischen Berechnungen bestätigen und so zukünftige theoretische Modelle näher einschränken. Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler ihre mikroskopischen Ergebnisse auf makroskopische Neutronensterne anwenden. So verbinden die Berechnungen 18 Größenordnungen vom Atomkern zum Neutronenstern.

TUD / RK

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