Durchmusterungsteleskop VISTA nimmt die Arbeit auf
Der jüngste Neuzugang am Paranal-Observatorium der ESO in der nordchilenischen Atacama-Wüste ist das größte auf Durchmusterungen spezialisierte Teleskop der Welt.
Der jüngste Neuzugang am Paranal-Observatorium der ESO in der nordchilenischen Atacama-Wüste ist das größte auf Durchmusterungen spezialisierte Teleskop der Welt.
Am Paranal-Observatorium der ESO (European Southern Observatory) hat ein neues Teleskop namens VISTA die Arbeit aufgenommen. Jetzt wurden die ersten damit erstellten Bilder veröffentlicht. Das Durchmusterungsteleskop, das im Infrarotwellenbereich arbeitet, ist das größte auf Durchmusterungen spezialisierte Teleskop der Welt. Sein großer Spiegel, sein großes Blickfeld und seine empfindlichen Detektoren sollen gänzlich neue Blicke auf den Südhimmel erlauben. Spektakuläre Bilder des Flammennebels, der Zentralregion der Milchstraße und des Fornax-Galaxienhaufens zeigen, dass das Teleskop bestens funktioniert.
Abb.: Die versteckten Feuer des Flammennebels. (Bild: ESO/J. Emerson/VISTA)
Das Teleskop ist auf einem Berggipfel der nordchilenischen Atacama-Wüste in direkter Nachbarschaft des Very Large Telescope (VLT) der ESO stationiert und profitiert von den gleichen exzellenten Beobachtungsbedingungen wie das VLT. Der Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 4,1 Metern, und ist der am stärksten gekrümmte jemals hergestellte Spiegel dieser Größe und Qualität. Herstellung und Polierverfahren stellten höchste technische Ansprüche - dafür weicht der Spiegel nun lediglich um weniger als einige Tausendstel der Dicke eines menschlichen Haares von seiner Idealform ab.
VISTA - der Name steht für "Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy", wörtlich das "Astronomische Durchmusterungsteleskop für sichtbares und Infrarotlicht" - wurde von einem Konsortium von 18 Universitäten des Vereinigten Königreichs konzipiert und entwickelt. Die Projektleitung für Entwurf und Konstruktion des Teleskops lag beim UK Astronomy Technology Centre des Science and Technology Facilities Council (STFC, UK ATC). Am 10. Dezember 2009 wurde das Teleskop in einer Zeremonie im ESO-Hauptquartier in Garching bei München provisorisch von der ESO angenommen, im Beisein von Vertretern von Queen Mary, University of London sowie des STFC. Das Teleskop wird von nun an von der ESO betrieben werden.
Herzstück des Teleskops ist eine 3 Tonnen schwere astronomische Kamera, die 16 spezielle Detektoren mit insgesamt 67 Millionen Bildpunkten, die für Infrarotlicht empflindlich sind - also für Wellenlängen, die länger sind als die des sichtbaren Licht, welches das menschliche Auge wahrnehmen kann. Dadurch, dass die Beobachtungen im Infrarotbereich stattfinden, sind VISTA Objekte zugänglich, die anderweitig unmöglich nachzuweisen wären - etwa, weil sie zu kalt sind, oder weil sie hinter Staubwolken verborgen sind, oder weil ihr Licht aufgrund der Expansion des Weltalls derartig gestreckt worden ist, dass es nun in den Infrarot-Wellenlängenbereich fällt. Damit die schwache Infrarotstrahlung aus dem Weltraum nicht von der Wärmestrahlung der Kamera selbst überstrahlt wird, ist die Kamera auf -200 Grad Celsius gekühlt, und hinter dem größten jemals hergestellten infrarotdurchlässigen Fenster installiert.
Abb.: VISTA (Bild: ESO/Y. Beletsky)
Das erste der nun veröffentlichten Bilder zeigt den Flammennebel (NGC 2024), eine spektakuläre Gas- und Staubwolke im Sternbild Orion, in der neue Sterne entstehen. Im sichtbaren Licht ist das Innenleben dieses Objekts hinter dicken Staubwolken verborgen. Infrarotlicht kann diese Wolken durchdringen, und das im Infrarotbereich aufgenommene Bild zeigt den hinter den Wolken versteckten Haufen heißer, junger Sterne. Aufgrund des großen Blickfelds der Kamera sind außerdem noch das Leuchten des Reflexionsnebels NGC 2023 und die schattenhafte Form des bekannten Pferdekopfnebels zu sehen.
VISTA wird fast seine gesamte Beobachtungszeit damit verbringen, den Südhimmel systematisch zu durchmustern. Im Laufe der nächsten fünf Jahre wird es sechs große Himmelsdurchmusterung mit jeweils anderen wissenschaftlichen Zielen durchführen. Eine der Durchmusterungen wird den gesamten Südhimmel umfassen, andere werden sich auf ausgewählte kleinere Himmelsregionen konzentrieren und dort weitergehende Untersuchungen durchführen. Die Durchmusterungen werden unser Verständnis der Eigenschaften, der Verteilung und der Herkunft der bekannten Typen von Sternen und Galaxien erweitern, die dreidimensionale Struktur unserer Heimatgalaxie und unserer Nachbargalaxien, der Magellanschen Wolken, bestimmen, und die Zusammenhänge zwischen der großräumigen Struktur unseres Universums und der geheimnisvollen Dunkeln Energie und Dunklen Materie untersuchen.
Max-Planck-Institut für Astronomie
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