20.02.2017

Durchsichtige Solarpanele

Verbesserte lumineszierende Solarkonzentratoren könnten Fenster­flächen für Strom­erzeu­gung nutz­bar machen.

In Gebäude integrierte Photovoltaik-Anlagen erzeugen Strom genau dort, wo er gebraucht wird – der Platz dafür ist aller­dings meist auf das Dach des Gebäudes beschränkt. Es gibt aber auch Ansätze, Fenster­flächen zur Gewin­nung elek­trischer Energie zu nutzen. Neben semi­transpa­renten Solar­zellen stehen dabei auch lumines­zierende Solar­konzen­tra­toren, kurz LSCs, hoch im Kurs. Sie leiten einen Teil der auf­tref­fenden Sonnen­strahlen im Inneren der Scheibe an deren Ränder weiter, wo sie von her­kömm­lichen Solar­zellen aufge­fangen werden. Während für bisherige Modelle seltene Roh­stoffe ver­wendet werden mussten, hat eine italie­nisch-ameri­ka­nische Forscher­gruppe jetzt ein effi­zientes System auf Basis von Silizium-Quanten­punkten vor­ge­stellt.

Abb.: Ein Teil des einfallenden Sonnenlichts wird von Sili­zium-Quanten­punkten absor­biert und als Infra­rot­strah­lung an die Ränder weiter­ge­leitet. (Bild: F. Meinardi et al. / NPG)

Vor allem für hohe Gebäude in Städten reichen die verhältnismäßig kleinen Dach­flächen nicht aus, um die unter anderem von der EU ange­strebte Ver­besse­rung der Energie­effi­zienz zu verwirk­lichen. Natür­lich könnte man auch die Fassaden mit her­kömm­lichen Solar­zellen ver­kleiden – gerade wenn es um eine breite Akzep­tanz für den Einsatz erneuer­barer Energien geht, sind jedoch auch ästhe­tische Aspekte nicht zu vernach­lässigen. Die Nutzung von Fenster­flächen wäre ein mög­licher Ausweg aus diesem Dilemma.

Naheliegende Ansätze hierfür sind, konventionelle Zellen entweder so dünn zu machen, dass sie einen Teil des Sonnen­lichts durch­lassen, oder sie zu segmen­tieren, sodass Bereiche dazwischen durch­sichtig bleiben – es geht also immer um ein Abwägen zwischen Trans­parenz und Effi­zienz. US-ameri­kanische Forscher entwickelten zwar bereits 2011 Solar­zellen, die den Groß­teil des sicht­baren Lichts trans­mittieren und nur den infra­roten Anteil zur Energie­gewin­nung nutzen. Im Grunde genommen handelt es sich dabei aller­dings um große, ineffi­ziente Solar­zellen, was einen weit­reichen­den Ein­satz erschwert.

In ihrer aktuellen Studie hat die Forschergruppe um Sergio Brovelli von der Uni Milan-Bicocca in Italien einen völlig anderen Zugang gewählt. Sie wollen Fenster­scheiben durch LSCs ersezten, die einen Teil des auf­tref­fenden Sonnen­lichts an die Ränder der Scheibe weiter­leiten. Der Vor­teil dieser Methode ist, dass die Scheiben selbst keine photo­volta­ischen Elemente dar­stellen. Sie bestehen ledig­lich aus einem trans­pa­renten Polymer, versetzt mit fluores­zie­renden Nano­partikeln aus Silizium. Die Partikel absor­bieren einen Teil des Sonnen­lichts und geben ihn als Infra­rot­strah­lung wieder ab. Die paral­lelen Flächen der Scheibe wirken dabei als Wellen­leiter, die die Strah­lung an die Ränder trans­por­tiert. Auf dort befind­liche Solar­zellen würde also eine verhält­nis­mäßig hohe Inten­sität von Strah­lung mit einer bestimm­ten Wellen­länge treffen, die relativ effi­zient in elek­trische Energie umge­wandelt werden könnte. Im Wesent­lichen handelt es sich also um ein­fach herzu­stel­lende, große Scheiben die mit kleinen, auf eine bestimmte Wellen­länge opti­mierten Solar­zellen kombi­niert werden können.

Diese Idee ist zwar keineswegs neu, die praktische Umsetzung bishe­riger Konzepte schei­terte jedoch an der Verfüg­bar­keit geeig­neter fluores­zie­render Emitter. Organo-metal­lische Chromo­phore etwa weisen nur eine sehr ein­ge­schränkte spek­trale Ab­deckung auf. Bei orga­nischen Farb­stoffen wiederum über­schneiden sich die Absorp­tions- und Emis­sions­spektren. Das führt vor allem bei groß­flächigen LSCs zu einer starken Reab­sorp­tion der Fluores­zenz­strah­lung auf ihrem Weg zum Rand und senkt die Effi­zienz. Jüngste Fort­schritte in der Her­stellung kollo­idaler, also in einer Polymer­matrix einge­betteter Quanten­punkte könnten nun aber den Aus­schlag für einen weit­reichen­den Einsatz von LSC-Techno­logie zur Gewin­nung erneuer­barer Energie geben. Sie weisen breite Absorp­tions­spektren auf und können Sonnen­licht im gesamten sich­tbaren und nahen infra­roten Spektrum auf­nehmen, während sich ihre Fluores­zenz auf die verwen­deten Solar­zellen abstimmen lässt. Üblicher­weise enthalten solche Quanten­punkte aller­dings seltene Elemente, was einer Massen­pro­duktion im Weg stehen könnte. Wie Brovelli und sein Team betonen, gilt diese Ein­schrän­kung jedoch nicht für die von ihnen verwen­deten Quanten­punkte aus Silizium.

Durch die Wahl eines idealen Durchmessers von etwa vier Nano­metern konnten die Forscher Quanten­punkte kreieren, die Infra­rot­strah­lung bei einer Wellen­länge von 830 Nano­metern emit­tieren, während sie Sonnen­licht nur bis zu einer Wellen­länge von unge­fähr 600 Nano­metern absor­bieren. Dadurch errei­chten sie eine äußerst geringe Über­lappung und konnten so die Reab­sorp­tions­effekte gering halten. Die Konzen­tra­tion der Quanten­punkte in der trans­pa­renten Polymer­matrix beträgt 0,09 Gewichts­prozent. Experi­mente an einem quadra­tischen LSC mit einer Kanten­länge von zwölf Zenti­metern und einer Dicke von 0,26 Zenti­metern zeigen, dass 2,85 Prozent des auf­tref­fenden Sonnen­lichts als Strah­lungs­leistung über die Ränder abge­geben werden. 75 Prozent der auf­tref­fenden, sicht­baren Strah­lung werden trans­mittiert. Monte-Carlo-Simu­la­tionen weisen auf eine starke Abhän­gig­keit zwischen Effi­zienz und Geo­metrie hin. Für etwa fenster­große LSCs mit einer Kanten­länge von einem mal einem Meter und einer Dicke von zwei Zenti­metern ergeben die Simu­la­tionen aller­dings wiederum einen Wert von unge­fähr drei Prozent.

Um die Reabsorptionseigenschaften ihres LSC zu unter­streichen, präsen­tieren die Forscher Messungen, wonach 75 Prozent der im Inneren erzeug­ten Lumines­zenz­strah­lung auch die Ränder errei­chen. Das ent­spricht fast genau dem für einen defekt­freien Wellen­leiter erwar­teten Wert. Da diese Eigen­schaft auch erhal­ten bleibt, wenn der LSC gebogen wird, sehen die Forscher neben ein­fachen Fenstern auch Einsatz­mög­lich­keiten für kom­plexere archi­tekto­nische Struk­turen wie etwa Glas­kuppeln.

Thomas Brandstetter

RK

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