Terahertz ist eine Schlüsseltechnik für die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung. Wesentliche Vorteile sind Untersuchungen ohne physischen Kontakt und die Analyse komplexer Systeme mit niedrigem Kontrastbereich, bei der etablierte Verfahren wie Ultraschall in der Regel versagen. Forschern des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI, ist es gelungen, ein kosteneffizientes und kompaktes Messsystem zu entwickeln, das erstmals Dicken von Mehrschichtsystemen in Echtzeit bestimmt.
Abb.: Das erste Dauerstrich-Terahertz-Spektrometer zur Echtzeit-Materialprüfung haben Forscher des HHI in ein kompaktes Gehäuse integriert. (Bild: HHI)
Den Forschern um Björn Globisch ist es gelungen, ein Messgerät zu entwickeln, in dem die bisher eingesetzten Femtosekunden-Pulslaser durch kompakte Dauerstrich-Laser ersetzt wurden. Entscheidend dabei ist, dass dieses Dauerstrich-Messsystem acht Messungen pro Sekunde ermöglicht und damit erstmals Echtzeitmessungen ohne Verwendung eines gepulsten Lasers erlaubt. Das dabei eingesetzte Prinzip zur Erzeugung von Terahertz-Strahlung basiert auf einem optoelektronischen Verfahren. Mithilfe eines speziellen Halbleiterbauelements wird dabei die Schwebung zweier Dauerstrichlaser in Terahertz-Strahlung umgewandelt, die genau der Differenzfrequenz der beiden Laser entspricht.
Dass der Terahertz-Technologie der große Erfolg bislang verwehrt blieb, liegt insbesondere an den benötigten Eigenschaften der verwendeten Halbleiter. Diese konnten zunächst nur mit Materialien erzielt werden, die eine Beleuchtung mit einer Wellenlänge um achthundert Nanometer erforderten. Sowohl die Laser als auch die optischen Komponenten des Terahertz-Systems sind bei dieser eher exotischen Wellenlänge aber deutlich zu teuer und nicht robust genug für den industriellen Einsatz.
„Wir haben deshalb einen Halbleiter entwickelt, der sich mit Laserlicht von 1,5 Mikrometern Wellenlänge anregen lässt“, sagt Globisch. „In der optischen Nachrichtentechnik ist das der Wellenlängen-Standard, sodass es hier eine große Zahl kostengünstiger und qualitativ hochwertiger optischer Bauteile und Laser gibt.“ Auf dem Weg zum konkurrenzfähigen Terahertz-System für die Materialprüfung musste aber noch eine weitere Hürde überwunden werden: Der Pulslaser, auf dem alle gängigen echtzeitfähigen Terahertz-Systeme basieren, ist ein entscheidender Kostenfaktor bestehender Systeme. Femtosekunden-Laser sind nicht nur selbst schon technologisch aufwändig und teuer, Terahertz-Spektrometer, die mithilfe von gepulsten Lasern betrieben werden, erfordern zusätzlich optomechanische Bauteile, die mit viel Aufwand präzise justiert und gefertigt werden müssen.
Eine Alternative stellt die Dauerstrich-Spektroskopie dar, bei der anstatt eines Terahertz-Pulses Dauerstrichstrahlung erzeugt wird. Zwei Dauerstrich-Laserquellen werden dabei gemischt und ihr Schwebungssignal in einem speziellen Halbleiterelement in Terahertz-Strahlung umgewandelt. Durch Verstimmen der Laser-Wellenlängen zueinander kann die Wellenlänge der erzeugten Terahertz-Strahlung auf einfache Weise verändert werden. Dauerstrich-Systeme haben dabei zwei entscheidende Vorteile gegenüber gepulsten Terahertz-Systemen: Einerseits sind die Laserquellen selbst kompakter und günstiger, andererseits werden keine optomechanischen Komponenten für den Betrieb des Systems benötigt.
Dauerstrich-Terahertz-Systeme sind zwar bereits erhältlich, benötigen jedoch zur Erfassung eines vollständigen Messsignals einige Sekunden bis Minuten. Dagegen sieht die industrielle Anwendung oft so aus: In der Produktion fährt ein Roboterarm Messpunkte an lackierten oder beschichteten Bauteilen ab und misst die Beschichtungsdicke. Um den Produktionstakt einzuhalten, bleibt daher pro Messpunkt wenig Zeit. Bisher war die Messgeschwindigkeit von Dauerstrich-Terahertz-Systemen nicht hoch genug, um Anwendungen in der zerstörungsfreien Prüfung zu adressieren.
Die Forscher haben dieses Problem gelöst, indem extrem schnell durchstimmbare Laser eingesetzt und die Elektronik, Datenerfassung und Algorithmen auf die hohen Geschwindigkeiten angepasst werden. Durch diese Kombination ist es gelungen, die Messgeschwindigkeit im Vergleich zu bisherigen Systemen um den Faktor 160 zu steigern. Damit ist erstmalig Materialprüfung in Echtzeit mit Dauerstrich-Terahertz-Systemen möglich.
Die Überprüfung von Lacken und Beschichtungen ist eine wichtige Anwendung der berührungslosen Terahertz-Messtechnik. Auf metallischem Untergrund können heute handliche Wirbelstromgeräte eingesetzt werden. Auf schlecht leitenden Faserverbundwerkstoffen aber versagt dieses Verfahren. Ultraschall bietet hier zwar eine Alternative, setzt jedoch wiederum mechanischen Kontakt zur Oberfläche voraus. „Der Bedarf nach einem zuverlässigen Messverfahren ist groß“, so Globisch, „weil der Markt für Verbundwerkstoffe in der Auto-, Flugzeug- und Windkraftindustrie wächst.“ Hier liegt der große Vorteil der Terahertz-Technologie: Die Messung erfolgt zerstörungsfrei und berührungslos, sodass auch nicht vollständig getrocknete Beschichtungen vermessen werden können. Außerdem ist die Qualität der Ergebnisse temperaturunabhängig und Mehrschichtsysteme können direkt aufgelöst werden. Nicht zuletzt ist die Terahertz-Strahlung nichtionisierend und auf Grund der geringen Leistung für den Menschen ungefährlich.
Obwohl das neue Terahertz-Messsystem aus kostengünstigen optischen Standardkomponenten aufgebaut wird, ist es derzeit noch teurer als beispielsweise Ultraschallgeräte, die in Stückzahlen von vielen Hunderttausend gefertigt werden. „Der Preis wird sich aber mit einer künftigen Serienfertigung angleichen“, prognostiziert Globisch. Angesichts der Vorteile des Messverfahrens und der aktuellen Fortschritte ist der Forscher davon überzeugt, dass sich das Terahertz-Verfahren in den kommenden Jahren als Messverfahren der zerstörungsfreien Materialprüfung etablieren wird.
HHI / RK