05.09.2018

Echtzeit-Schichtdickenmessung mit Terahertzstrahlung

Kosteneffizientes und kompaktes Mess­system ent­wickelt.

Terahertz ist eine Schlüsseltechnik für die zerstörungs­freie Werk­stoff­prüfung. Wesent­liche Vor­teile sind Unter­suchungen ohne physischen Kontakt und die Analyse komplexer Systeme mit nied­rigem Kontrast­bereich, bei der etab­lierte Ver­fahren wie Ultra­schall in der Regel ver­sagen. Forschern des Fraun­hofer-Instituts für Nach­richten­technik, Heinrich-Hertz-Institut HHI, ist es gelungen, ein kosten­effi­zientes und kompaktes Mess­system zu ent­wickeln, das erst­mals Dicken von Mehr­schicht­systemen in Echt­zeit bestimmt.

Abb.: Das erste Dauerstrich-Terahertz-Spektro­meter zur Echt­zeit-Material­prüfung haben Forscher des HHI in ein kompaktes Gehäuse inte­griert. (Bild: HHI)

Den Forschern um Björn Globisch ist es gelungen, ein Mess­gerät zu ent­wickeln, in dem die bisher ein­ge­setzten Femto­sekunden-Puls­laser durch kompakte Dauer­strich-Laser ersetzt wurden. Ent­scheidend dabei ist, dass dieses Dauer­strich-Mess­system acht Messungen pro Sekunde ermög­licht und damit erst­mals Echt­zeit­messungen ohne Ver­wen­dung eines gepulsten Lasers erlaubt. Das dabei ein­ge­setzte Prinzip zur Erzeu­gung von Tera­hertz-Strahlung basiert auf einem opto­elek­tro­nischen Ver­fahren. Mit­hilfe eines spezi­ellen Halb­leiter­bau­elements wird dabei die Schwebung zweier Dauer­strich­laser in Tera­hertz-Strahlung umge­wandelt, die genau der Diffe­renz­frequenz der beiden Laser ent­spricht.

Dass der Terahertz-Technologie der große Erfolg bislang ver­wehrt blieb, liegt ins­be­sondere an den benötigten Eigen­schaften der ver­wendeten Halb­leiter. Diese konnten zunächst nur mit Materi­alien erzielt werden, die eine Beleuch­tung mit einer Wellen­länge um acht­hundert Nano­meter erforderten. Sowohl die Laser als auch die optischen Kompo­nenten des Tera­hertz-Systems sind bei dieser eher exo­tischen Wellen­länge aber deut­lich zu teuer und nicht robust genug für den indus­tri­ellen Ein­satz.

„Wir haben deshalb einen Halbleiter entwickelt, der sich mit Laser­licht von 1,5 Mikro­metern Wellen­länge anregen lässt“, sagt Globisch. „In der optischen Nach­richten­technik ist das der Wellen­längen-Standard, sodass es hier eine große Zahl kosten­günstiger und quali­tativ hoch­wertiger optischer Bau­teile und Laser gibt.“ Auf dem Weg zum konkurrenz­fähigen Tera­hertz-System für die Material­prüfung musste aber noch eine weitere Hürde über­wunden werden: Der Puls­laser, auf dem alle gängigen echt­zeit­fähigen Tera­hertz-Systeme basieren, ist ein ent­schei­dender Kosten­faktor beste­hender Systeme. Femto­sekunden-Laser sind nicht nur selbst schon techno­lo­gisch auf­wändig und teuer, Tera­hertz-Spektro­meter, die mit­hilfe von gepulsten Lasern betrieben werden, erfordern zusätz­lich opto­mecha­nische Bau­teile, die mit viel Auf­wand präzise justiert und gefertigt werden müssen.

Eine Alternative stellt die Dauerstrich-Spektroskopie dar, bei der anstatt eines Tera­hertz-Pulses Dauer­strich­strahlung erzeugt wird. Zwei Dauer­strich-Laser­quellen werden dabei gemischt und ihr Schwebungs­signal in einem spezi­ellen Halb­leiter­element in Tera­hertz-Strahlung umge­wandelt. Durch Ver­stimmen der Laser-Wellen­längen zuein­ander kann die Wellen­länge der erzeugten Tera­hertz-Strahlung auf ein­fache Weise ver­ändert werden. Dauer­strich-Systeme haben dabei zwei ent­schei­dende Vor­teile gegen­über gepulsten Tera­hertz-Systemen: Einer­seits sind die Laser­quellen selbst kompakter und günstiger, anderer­seits werden keine opto­mecha­nischen Kompo­nenten für den Betrieb des Systems benötigt.

Dauerstrich-Terahertz-Systeme sind zwar bereits erhältlich, benötigen jedoch zur Erfas­sung eines voll­stän­digen Mess­signals einige Sekunden bis Minuten. Dagegen sieht die indus­tri­elle Anwen­dung oft so aus: In der Produk­tion fährt ein Roboter­arm Mess­punkte an lackierten oder beschich­teten Bau­teilen ab und misst die Beschich­tungs­dicke. Um den Produk­tions­takt ein­zu­halten, bleibt daher pro Mess­punkt wenig Zeit. Bisher war die Mess­ge­schwin­dig­keit von Dauer­strich-Tera­hertz-Systemen nicht hoch genug, um Anwen­dungen in der zer­stö­rungs­freien Prüfung zu adres­sieren.

Die Forscher haben dieses Problem gelöst, indem extrem schnell durch­stimm­bare Laser ein­ge­setzt und die Elek­tronik, Daten­erfas­sung und Algo­rithmen auf die hohen Geschwin­dig­keiten ange­passt werden. Durch diese Kombi­nation ist es gelungen, die Mess­geschwin­dig­keit im Ver­gleich zu bis­herigen Systemen um den Faktor 160 zu steigern. Damit ist erst­malig Material­prüfung in Echt­zeit mit Dauer­strich-Tera­hertz-Systemen möglich.

Die Überprüfung von Lacken und Beschichtungen ist eine wichtige Anwen­dung der berüh­rungs­losen Tera­hertz-Mess­technik. Auf metal­lischem Unter­grund können heute hand­liche Wirbel­strom­geräte ein­ge­setzt werden. Auf schlecht leitenden Faser­ver­bund­werk­stoffen aber ver­sagt dieses Ver­fahren. Ultra­schall bietet hier zwar eine Alter­native, setzt jedoch wiederum mecha­nischen Kontakt zur Ober­fläche voraus. „Der Bedarf nach einem zuver­lässigen Mess­ver­fahren ist groß“, so Globisch, „weil der Markt für Verbund­werk­stoffe in der Auto-, Flug­zeug- und Wind­kraft­industrie wächst.“ Hier liegt der große Vor­teil der Tera­hertz-Techno­logie: Die Messung erfolgt zer­störungs­frei und berüh­rungs­los, sodass auch nicht voll­ständig getrock­nete Beschich­tungen ver­messen werden können. Außer­dem ist die Qualität der Ergeb­nisse tempe­ratur­unab­hängig und Mehr­schicht­systeme können direkt auf­ge­löst werden. Nicht zuletzt ist die Tera­hertz-Strahlung nicht­ioni­sie­rend und auf Grund der geringen Leistung für den Menschen unge­fähr­lich.

Obwohl das neue Terahertz-Messsystem aus kostengünstigen optischen Standard­kompo­nenten auf­ge­baut wird, ist es der­zeit noch teurer als beispiels­weise Ultra­schall­geräte, die in Stück­zahlen von vielen Hundert­tausend gefertigt werden. „Der Preis wird sich aber mit einer künf­tigen Serien­ferti­gung angleichen“, prognos­ti­ziert Globisch. Ange­sichts der Vor­teile des Mess­ver­fahrens und der aktu­ellen Fort­schritte ist der Forscher davon über­zeugt, dass sich das Tera­hertz-Ver­fahren in den kommenden Jahren als Mess­ver­fahren der zer­störungs­freien Material­prüfung etab­lieren wird.

HHI / RK

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