Effiziente Ansteuerung von Diamant-Qubits mit Mikrowellen
Wichtiger Durchbruch für die Entwicklung von Quantencomputern auf Diamantbasis.
Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie haben zum ersten Mal in Deutschland gezeigt, wie Zinn-Fehlstellen in Diamanten sehr exakt mit Mikrowellen kontrolliert werden können. Diese Defekte haben besondere optische und magnetische Eigenschaften und können als Qubits genutzt werden. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt für die Entwicklung leistungsfähiger Quantencomputer und sicherer Quantenkommunikationsnetzwerke.
Während in der klassischen digitalen Kommunikation beispielsweise Laserpulse in einer Glasfaser Informationen von A nach B transportieren, nutzt die Quantenmechanik einzelne Photonen, was den Informationsaustausch prinzipiell abhörsicher macht. Um die Information der Photonen zu speichern und in Quantenrechnern zu verarbeiten, eignen sich optisch adressierbare, also mit Licht steuerbare oder ausgelesene Qubits. Diese können die Quantenzustände speichern, verarbeiten und in Form von Photonen aufnehmen und abgeben.
Eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung von Qubits ist es, deren Kohärenzzeit, also die Zeit, in der sie Informationen stabil speichern können, zu verlängern. Inwieweit es gelingt, effiziente und skalierbare Quantencomputer zu entwickeln, hängt entscheidend davon ab, ob es möglich ist, Qubits so zu kontrollieren und stabil zu halten, dass deren Eigenschaften praktisch genutzt werden können.
Die Forscher des KIT sind der Frage nachgegangen, wie ein spezieller Diamant-Defekt, das Zinn-Fehlstellen-Zentrum, präzise angesteuert werden kann. „Ein Defekt in der Gitterstruktur der Kohlenstoffatome eines Diamanten entsteht, wenn Atome fehlen oder durch andere Atome ersetzt werden, etwa durch Zinn“, erklärt Ioannis Karapatzakis vom KIT. Solche Defekte können als Qubits für die Quantenkommunikation genutzt werden, denn sie haben spezielle optische und magnetische Eigenschaften, die es ermöglichen, ihre Zustände, etwa den Elektronenspin, durch Licht oder Mikrowellen gezielt zu manipulieren. Das kann die Defekte als stabile Qubits nutzbar machen, die Informationen speichern, verarbeiten und an Photonen ankoppeln können.
Die Diamant-Qubits haben den Vorteil, dass sie in fester Form vorliegen. Das macht sie leichter handhabbar als andere Quantenmaterialien wie beispielsweise Atome in einem Vakuum. Per Ansteuerung mit Mikrowellen gelang es Karapatzakis und seinem Kollegen Jeremias Resch, die Elektronenspins der Zinn-Fehlstellen-Zentren-Qubits präzise zu beeinflussen und dies sichtbar zu machen.
„Wir konnten die Kohärenzzeiten der SnV-Zentren im Diamanten auf bis zu zehn Millisekunden erheblich verbessern“, sagt Resch. Das gelang mit der Methode der dynamischen Entkopplung, die Störfaktoren weitgehend minimiert. Eine weitere Besonderheit ist, dass die beiden Forscher erstmals zeigen konnten, dass diese Art der Diamant-Defekte sehr effizient mit supraleitenden Wellenleitern kontrolliert werden kann. Diese leiten die Mikrowellen effizient zu den Defekten, ohne dabei Wärme zu erzeugen. „Das ist von großer Bedeutung, da diese Defekte im Allgemeinen bei sehr niedrigen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt erforscht werden. Erhöhte Temperaturen würden die Qubits unbrauchbar machen“, so Karapatzakis.
„Um eine Kommunikation zwischen zwei Nutzenden oder künftig auch zwei Quantenrechnern herzustellen, muss ich in der Lage sein, die Quantenzustände des Qubits auf Photonen zu übertragen“, ordnet Resch ein. „Durch die optische Auslese des Qubits und das Erreichen stabiler spektraler Eigenschaften konnten wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung machen. Damit haben unsere Ergebnisse zur Ansteuerung von Zinn-Fehlstellen-Zentren in Diamanten das Potenzial für einen wichtigen Durchbruch bei der weiteren Entwicklung einer sicheren und effizienten Quantenkommunikation.“
KIT / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
I. Karapatzakis et al.: Microwave Control of the Tin-Vacancy Spin Qubit in Diamond with a Superconducting Waveguide, Phys. Rev. X 14, 031036 (2024); DOI: 10.1103/PhysRevX.14.031036 - Cavity Quantum Optics, Physikalisches Institut, Karlsruher Instituts für Technologie, Karlsruhe