25.11.2024

Effizientere Rotoren für Offshore-Windräder

Optimierte aerodynamische Profile steigern Ertrag um vier Prozent.

Ein internationales Forschungsteam an der Fachhoch­schule Kiel hat die aero­dynamischen Profile von Rotorblättern von Mega-Windkraft­anlagen optimiert. Hierfür analysierte das Team den Übergangsbereich von Rotorblättern direkt an der Rotornabe, der bislang nicht nach aero­dynamischen Gesichts­punkten entworfen wird. Die Ergebnisse sind vielver­sprechend: Der Stromertrag von Anlagen der Zehn-Megawatklasse, die speziell für den Offshore-Bereich konzipiert wurden, könnte um bis zu vier Prozent gesteigert werden.

Abb.: Alois Schaffarczyk optimiert die aerodynamischen Profile von...
Abb.: Alois Schaffarczyk optimiert die aerodynamischen Profile von Rotorblätttern.
Quelle: N. Becker, FH Kiel

Die Windkraft leistet mit 32 Prozent des produzierten Stroms im Jahr 2023 einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Strom­versorgung. Beim Design der Windenergie­anlagen gilt den Rotorblättern besondere Aufmerksamkeit. Damit sie optimal funktionieren, erhalten die Rotorblätter ein aerodynamisches Profil, mit Ausnahme der ersten zwanzig Prozent nahe der Rotornabe. Ihn haben Ingenieurinnen und Ingenieure bisher ohne die Berücks­ichtigung aero­dynamischer Gesichtspunkte entwickelt. „In diesem Bereich ist der Flügel vergleichsweise dick, was eine kompliziertere Umströmung mit sich bringt“, sagt Alois Schaffarczyk.

Schaffarczyk hat sich drei Jahrzehnte lang an der FH Kiel mit Windkraft­anlagen und deren Optimierung befasst. Das Forschungs­projekt „Entwicklung und Vermessung von sehr dicken aerodynamischen Profilen für Windturbinen­blätter“ war sein letztes Projekt. Schaffarczyk wollte herausfinden, was passiert, wenn man das Profil des Übergangsbereichs des Rotorblattes aero­dynamisch auslegt. Unterstützt wurde er dabei von Zhong-Xia Wang, einem Gastwissen­schaftler aus China, und dem Doktoranden Brandon Lobo. Ihr Forschungsprojekt führten die Wissenschaftler an einem generischen Blatt der Zehn-Megawatt­klasse durch. Die Nabenhöhe beträgt mehr als 140 Meter, der Rotor­durchmesser liegt bei rund 200 Metern, die Rotorblätter sind länger als 90 Meter. Der vom Team ins Visier genommene Bereich umfasst die inneren fünfzhen Meter des Rotors, und damit eine umstrichene Fläche von etwa 750 Quadratmetern.

Die Forscher entwarfen mehrere geeignete Profile, identifizierten die Vielversprechendsten und simulierten ihr Strömungsverhalten mit CFD-Modellen. Auf Basis dieser Berechnungen verfeinerte das Projektteam das Profil und baute das Blattprofil mit den besten Eigen­schaften als reales Modell. Beim Bau des Modells unterstützte die Rendsburger Firma Aerovide. Das Unternehmen Deutsche Windguard Engineering begleitete die gesamten Entwicklungs­prozesse und brachte Know-how aus Untersuchungen an Rotorblättern im Freifeld und im Windkanal ein. Im Großwindkanal in Bremerhaven führte das Team aero­dynamische Messungen durch. Die Ergebnisse der Tests sind vielversprechend: Das im Projekt entwickelte aero­dynamische Profil ermöglicht einen bis zu vier Prozent höheren Stromertrag. „Das wäre extrem viel“, sagt Alois Schaffarczyk, „damit könnte der Gewinn maßgeblich gesteigert werden.“

Zusätzlich berücksichtigte das Projektteam aerodynamische Hilfsmittel wie Vortex-Generatoren und Splitter­platten. Beide können im Nachhinein an Rotor­blätter angebracht werden, zum Beispiel im Rahmen regulärer Wartungsarbeiten. Sie helfen, den aerodynamischen Wirkungsgrad der Rotorblätter zu optimieren und Strömungs­abrisse zu reduzieren. „Beim Einsatz dieser aero­dynamischen Hilfsmittel konnten wir sogar zusätzliche signifikante Veränderungen der Auftriebs- und Widerstands­eigenschaften beobachten und damit eine weitere Leistungs­steigerung“, sagt Nicholas Balaresque, Geschäftsführer der Deutschen Windguard Engi­neering in Bremerhaven. „Wir sind überzeugt davon, mit unserem Forschungs­projekt eine wichtige technologische Lücke geschlossen zu haben“, sagt Schaffarczyk. „Es wäre wirklich bedauerlich, wenn Anlagen­hersteller diese Chance zur Ertrags­steigerung nicht nutzen würden.“

FH Kiel / JOL

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