25.07.2023

Effizienz-Wettlauf der Tandem-Solarzellen

Neue Moleküle unterdrücken die störende Rekombination der Ladungsträger.

Die weltbesten Tandem­solarzellen aus einer Silizium-Unterzelle und einer Perowskit-Topzelle können heute rund ein Drittel der einfallenden Sonnen­strahlung in elektrische Energie umwandeln. Das sind Rekordwerte, insbesondere für eine potentiell sehr preis­günstige Technologie. Ein Team am Helmholtz Zentrum Berlin (HZB) liefert nun erstmals die wissen­schaftlichen Daten und beschreibt, wie diese Entwicklung gelungen ist. 

Abb.: Eine Tandem-Solarzelle aus Silizium- und Perowskit-Kristallen. (Bild: J....
Abb.: Eine Tandem-Solarzelle aus Silizium- und Perowskit-Kristallen. (Bild: J. Beckedahl & L. Zimmerman, HZB)

„Diese Leistung war nur möglich, weil wir am HZB sowohl Expertise zu Silizium-Hetero-Solarzellen als auch zu Perowskit-Solarzellen aufgebaut haben und sehr eng zusammenarbeiten“, sagt Steve Albrecht, der eine Forschungsgruppe zu Perowskit-Tandem­solarzellen leitet. So konnten die Perowskit-Fachleute aus dem HySPRINT Innovation Lab gemeinsam mit den Silizium-Experten vom PV-Kompetenz­zentrum (PVcomB) bereits mehrfach Effizienz-Weltrekorde bei Tandem-Solarzellen erreichen. Auch eine jüngst genau beschriebene Tandem­solarzelle hatte einen Weltrekord im Wirkungsgrad erzielt: Sie wandelt 32,5 Prozent des einfallenden Sonnenlichts in elektrische Energie um. Dieser Weltrekord blieb bis Mitte April 2023 erhalten, erst dann hat eine Gruppe aus dem PV-Lab im arabischen Forschungs­zentrum KAUST diesen Rekord übertroffen.

Das Forschungsfeld ist äußerst wettbewerbs­orientiert, weltweit arbeiten viele Gruppen auf diesem Gebiet. Albrecht setzte vor allem auf eine deutlich verbesserte Perowskit-Verbindung und eine raffinierte Modifikation der Oberfläche mittels eines neuartigen Moleküls Pipera­zinium-Iodid, die von den Postdocs Silvia Mariotti und Eike Köhnen entwickelt wurde. Dadurch gelang es, die Ladungs­rekombination weitgehend zu unterdrücken und die damit verbundenen Verluste deutlich zu reduzieren.

Mit speziellen Messmethoden konnten die Forschenden die grundlegenden Prozesse an den Grenzflächen und in den einzelnen Schichten der Tandemzelle im Detail analysieren und weiter optimieren. Die Entwicklungen wurden anschließend kombiniert und auf Tandem­solarzellen übertragen, wobei weitere Anpassungen der Topelektrode für eine verbesserten Optik hinzugefügt wurden. Dabei hat eine Gruppe an der Universität Potsdam opto-elek­tronische Messungen der Einzel und Tandemzellen durchgeführt; die neuartigen Moleküle zur Modifikation der Oberfläche wurden im Joxe Mari Korta Center in San Sebastian, Spanien, synthetisiert und ein Team der Technischen Universität in Kaunas, Litauen, hat dabei geholfen die neuen Perowskit­verbindungen mit sehr hoher Filmqualität zu prozessieren. Erst die Kombination aller Modifikationen ermöglichte es, Höchstwerte der Leerlauf­spannung, sowie des Photostroms und folglich in Punkto Effizienz zu erzielen.

In den letzten Jahren gab es eine kontinuierliche Steigerung der Wirkungsgradwerte durch verschiedene Forschungs­einrichtungen und Photovoltaik-Firmen weltweit, speziell die letzten zwei Jahre: Teams des HZB konnten Ende 2021 für Tandem­solarzellen aus Silizium und Perowskit den Rekordwert von 29,8 Prozent erzielen. Sie hatten dafür spezielle, periodische Nanotexturen in die Solarzellen eingebracht. Im Sommer 2022 meldete die Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne eine zertifizierte Tandemzelle mit 31,3 Prozent Effizienz. Von Dezember 2022 bis Mitte April 2023 lag der Weltrekord mit 32,5 Prozent wieder am HZB, bis das KAUST Photovoltaics Laboratory in Saudi-Arabien eine Perowskit-Silizium-Tandem­zelle mit 33;2 Prozent im Labor demonstriert hat. Diesen konnte das KAUST im Mai 2023 sogar auf 33,7 Prozent erhöhen.

„Wir freuen uns über diese enormen Fortschritte in unserer Wissenschafts­disziplin“, betont Albrecht. „Sie geben uns die Hoffung, dass diese Technologie in den nächsten Jahren einen großen Beitrag zu einer nachhaltigen Energie­versorgung im Kampf gegen den Klimawandel leisten kann, weil auch die Aufskalierung und industrielle Produktion von Perowskit/Silizium-Tandem­solarzellen machbar ist.“ Der wissenschaftliche Geschäftsführer des HZB, Bernd Rech, sagt: „Damit ist der Solarzellen­wirkungsgrad Silizium/Perowskit-Tandemzellen jetzt in Bereichen, die bisher nur von teuren III/V Halbleitern erreicht wurden.“ Die Technologien zur Produktion solcher Tandem­solarzellen sind im Prinzip schon verfügbar, nun geht es um weitere Verbesserungen im Bereich der Stabilität im Außeneinsatz.

HZB / JOL

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