Ein Blitzer für Spinwellen
Neue Röntgentechnik zeigt magnetische Fluktuationen im Pikosekundenbereich.
Ein kurzer Lichtblitz kann gewöhnlichen Materialien außergewöhnliche Eigenschaften verleihen, wie die perfekte Effizienz der Supraleitung – und das sogar bei Raumtemperatur. Allerdings sind diese Transformationen berüchtigt dafür, sehr flüchtig zu sein – sie verschwinden bereits nach wenigen Pikosekunden wieder. Nun hat ein internationales Forscherteam, an dem auch Wissenschaftler des Max-Planck-
Abb.: Dieses Bild veranschaulicht die durch Laserpulse angeregte Manipulation von Spin-Korrelationen im Mott-Isolator Sr2IrO4. (Bild: J. M. Harms, MPSD)
„Wir haben eine Methode entwickelt, um lichtinduzierte magnetische Dynamik auf der Zeitskala von Femtosekunden mit bisher unerreichter Detailgenauigkeit sichtbar zu machen“, sagt Mark Dean, Physiker am Brookhaven National Laboratory in den USA. „Das bringt uns dem Ziel näher, das Rezept zu verfeinern, um diese Materialien auf ultraschnellen Zeitskalen zu manipulieren.“
Diese neuartige Röntgentechnik, die man zeitaufgelöste resonante inelastische Streuung nennt, offenbarte die Dynamik sehr schwacher Spinkorrelationen, die sich in Form von Wellen durch das Material ausbreiten und seine magnetischen Eigenschaften bestimmen. Eine entscheidende Beobachtung ist, dass diese durch einen Infrarotlaserpuls ausgelösten Wellen sich unterschiedlich verhalten, je nachdem ob sie sich in einer zweidimensionalen Ebene oder in einem dreidimensionalen Raum ausbreiten.
„Innerhalb einer zweidimensionalen Atomschicht hielt der neuartige Zustand nur für wenige Pikosekunden an”, sagt Yue Cao, Physiker in Brookhaven. „Aber dreidimensionale Korrelationen breiten sich auch über die Grenze einzelner Atomlagen aus und verschwinden erst nach hunderten Pikosekunden – für die hier betrachteten Zeitskalen ist das ein gewaltiger Unterschied. Es ist unglaublich aufregend, an einer neuen Technik Pionierarbeit zu leisten und dann ihren Erfolg zu sehen.“ Der Großteil der experimentellen Arbeit beruhte auf den leistungsstarken und präzisen Freie-
Um neuartige magnetische und elektronische Eigenschaften zu erzeugen, verwenden Wissenschaftler oft die Technik des chemischen Dotierens, welche die atomare Struktur eines Materials durch Einbringen von Fremdatomen verändert. Dadurch lässt sich die Zahl der Elektronen im Material äußerst genau vergrößern oder verringern, aber der Prozess führt zu einer dauerhaften Veränderung.
„Wir wollten ähnliche Zustände vorübergehend erzeugen, also benutzten wir die Photodotierung“, sagt Dean. Ein Laserpuls liefert die benötigten Photonen, welche die Elektronen- und Spinkonfiguration der Probe ändern – dieselben Spins, die für Phänomene wie Supraleitung verantwortlich gemacht werden. Augenblicke später wechselt das Material wieder in seinen Ursprungszustand. In der vorliegenden Arbeit verwendeten die Forscher Strontium-
Die leistungsstarken Lichtquellen waren in der aktuellen Arbeit LCLS und SACLA, welche die einzigartige Fähigkeit besitzen, eine Quanten-
Im ersten Schritt des Experiments traf ein Infrarot-
Diesen Prozess, bei dem Röntgenstrahlen von einer Probe abprallen und das Streulicht vermessen wird, nennt man resonante inelastische Röntgenstreuung (RIXS). Mitglieder des Forschungsteams gehörten zu den Wegbereitern dieser Technik in der Untersuchung ähnlicher Festkörperphänomene im Gleichgewicht. Das aktuelle Forschungsprojekt erweitert diese Technik, indem sich dynamische Prozesse nun zeitaufgelöst aufnehmen lassen.
„Über die bemerkenswerten Fähigkeiten von LCLS und SACLA in der Bereitstellung ultrakurzer Femtosekunden-
Die Wissenschaftler entwickelten ein hochspezialisiertes RIXS-
„Die Resultate stimmen mit theoretischen Erwartungen überein, was ermutigend ist. Aber noch wichtiger ist, dass sie die Stärke und Präzision der Methode aufzeigen,“ sagt Michael Först vom Max-
Als nächsten Schritt planen die Wissenschaftler, die Anregung mit optischen Pulsen bei noch größeren Wellenlängen, d.h. im mittleren Infrarotbereich, zu erforschen. Dies würde die Atome innerhalb des Materials verschieben, ohne direkt die Elektronen und Spins anzuregen. Diese Arbeit könnte dazu beitragen, die natürliche magnetische Kopplung innerhalb des Materials aufzudecken. Im Umkehrschluss würde dies aufzeigen, wie diese Kopplung am besten aufgebrochen wird, um zwischen verschiedenen elektronischen und magnetischen Zuständen hin- und herzuschalten.
MPSD / DE