Ein fingernagelgroßer Radarsensor
Forscher haben Radartechnologie in ein kostengünstiges, kleines Chip-Gehäuse gezwängt, das die Entwicklung neuer Abstands- und Bewegungssensoranwendungen verspricht.
Das im Rahmen des Projekts „Silicon-based ultra-compact cost-efficient system design for mm-wave sensors“ (Success) entwickelte Gerät ist das vollständigste siliziumbasierte „System-on-Chip“-Gerät (SoC) für den Radarbetrieb bei hohen Frequenzen über 100 Gigahertz (GHz). Das neuartige Gerät könnte in der Automobilindustrie sowie in Mobilfunkgeräten, in der Robotik und anderen Anwendungen eingesetzt werden.
„Soweit ich weiß, ist es das weltweit kleinste komplette Radarsystem“, sagt Christoph Scheytt, der das Projekt im Namen des IHP Leibniz-Instituts für innovative Mikroelektronik in Frankfurt/Oder koordiniert. „Es gibt andere Chips für Radarsysteme, die bei Frequenzen über 100 GHz arbeiten, aber bei diesem hier ist der höchste Grad der Integration gelungen, der je in Silizium erreicht wurde.“
Das nur 8 x 8 Millimeter große Chip-Gehäuse ist das Ergebnis einer dreijährigen Forschungsarbeit von neun Partnern aus Wissenschaft und Industrie aus ganz Europa, die mit Finanzmitteln der Europäischen Kommission in Höhe von 3 Millionen Euro unterstützt wurden. Das Team nutzte das Know-how aus jedem Abschnitt der mikroelektronischen Entwicklungskette, um diese revolutionäre Technologie zu entwickeln, die in naher Zukunft in kommerziellen Anwendungen eingesetzt werden könnte.
Der Sensor sendet und empfängt elektromagnetische Wellen mit einer Frequenz von 120 Gigahertz, also einer Wellenlänge von etwa zweieinhalb Millimetern. Aus der Laufzeit der Welle zu einem Objekt in bis zu drei Metern Entfernung berechnet er den Abstand mit einer Genauigkeit von bis zu unter einem Millimeter. Er kann auch sich bewegende Objekte erkennen und über den Dopplereffekt ihre Geschwindigkeit messen.
Aus kommerzieller Sicht ist die Technologie außerordentlich kostengünstig: Im Industriemaßstab gefertigt würde jeder vollständige Mini-Radar etwa 1 Euro kosten, schätzen die Projektpartner.
Dadurch könnte er potenziell Ultraschallsensoren für die Objekt- und Fußgängererkennung in Fahrzeugen ersetzen, in automatischen Türsteuerungen eingesetzt werden, die Vibration oder Entfernung innerhalb von Maschinen messen, in Robotikanwendungen und einer Reihe weiterer Anwendungsbereiche genutzt werden. Er könnte sogar in Mobiltelefonen eingesetzt werden.
„In diesem Bereich ist die Größe überaus wichtig“, bemerkt Scheytt. „Der Hauptgrund für die Verwendung hoher Frequenzen und nicht niedriger Frequenzen ist der, dass die Antennen kleiner sein können.“
Während ein UKW-Radio eine ca. einen Meter lange Antenne besitzt und die Antennen eines WiFi-Routers etwa zehn Zentimeter lang sind, können die Antennen bei Frequenzen im Millimeter-Wellen-Bereich (zwischen 30 GHz und 300 GHz) auch eine Größenordnung von Millimetern haben. Angesichts immer kleiner werdender moderner Geräte – angefangen bei Mobiltelefonen bis hin zu Robotikbestandteilen – ist die Arbeit im Millimeter-Bereich ein großer Vorteil.
Bei hohen Frequenzen stellen jedoch unerwünschte elektromagnetische Strahlung und starke Dämpfung große Probleme dar. "Je höher die Frequenz desto stärker strahlt die Schaltung: Die Modellierung dieser Schnittstelle war eine große Herausforderung", sagt der Projektkoordinator.
Das Success-Team löste das Problem durch präzise Modellierung, ein neues Verfahren der Antennenintegration, und die Verwendung eines Antennenträgermaterials aus Polyamid.
EC, CORDIS / PH