Ein Gerüst für Zellen
Mittels Electrospinning lassen sich neuartige Gerüste für die Gewebezüchtung herstellen.
Mittels Electrospinning lassen sich neuartige Gerüste für die Gewebezüchtung herstellen.
Dreidimensionale Gerüste, auf denen Zellen sich ansiedeln und zu Geweben oder Organen heranwachsen können, sind in der regenerativen Medizin begehrt. Materialwissenschaftler der Universität Würzburg haben dafür erfolgreich neue Fasern mit ganz besonderen Eigenschaften entwickelt.
Die Anforderungen an sie sind hoch: Im menschlichen Körper eingesetzt, müssen sie rückstandslos abbaubar sein – und das nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam. Nur ganz bestimmte Zellen sollen sich auf ihnen ansiedeln, untereinander verbinden und zu komplexen Strukturen heranwachsen. Andere Substanzen hingegen, beispielsweise Proteine und Zellen aus dem Blut, sollen ihnen fern bleiben.
Abb.: Gerüst aus Polymerfasern für die Züchtung von Gewebe. (Bild: D. Grafahrend et al., Nature Materials)
Die Rede ist von extrem dünnen Polymerfäden, die zu Netzen oder dreidimensionalen Strukturen verwoben werden können. „Es ist uns gelungen, eine Technik zu entwickeln, die solche Fasern in einem einzigen Arbeitsschritt herstellt“, sagt Jürgen Groll von der Universität Würzburg. Ultradünne Polymerfasern zu produzieren, das war bisher schon möglich. „Electrospinning“ heißt die dahinter steckende Technik. Das Prinzip: An eine Flüssigkeit wird ein elektrisches Feld angelegt, das dünne „Jets“ erzeugt. Die Fasern, die dabei entstehen, sind äußerst dünn – bis zu zehn Nanometer.
Die Wissenschaftler haben ein Makromolekül entwickelt, welches die Eigenschaften der Fasern modifiziert, wenn man von dieser Substanz etwas zur Flüssigkeit, aus der die Fasern hergestellt werden, hinzugibt. „Dieses Molekül verwandelt die an und für sich wasserabstoßenden Fasern in ‚hydophile‘, also wasseranziehende Fasern“, erklärt Groll. Damit unterdrückt es die Anlagerung unerwünschter Proteine an der Faseroberfläche. Dieser Effekt stört und könnte sonst das Immunsystem aktivieren und die Wundheilung stören.
Mit dieser Technik lassen sich jetzt deutlich schneller als bisher Fasern und Faserstrukturen herstellen und mit den unterschiedlichsten Eigenschaften versehen. Groll ist überzeugt davon, dass sie es schon in naher Zukunft möglich macht, im Labor Strukturen zu konstruieren, auf denen komplexe Gewebe wachsen können.
Universität Würzburg / KK