10.05.2013

Ein Hitzeschild für ITER

Auf Jülicher Konferenz zu Plasma-Wand-Materialien kristallisiert sich massives Wolfram als heißer Kandidat heraus.

Die Wahl geeigneter Wandmaterialien ist eine der Schlüsselfragen beim Bau zukünftiger Fusionsreaktoren. Über 200 Wissenschaftler treffen sich vom 13. bis 17. Mai in Jülich, um zu diskutieren, welcher Werkstoff am besten den Extrembedingungen in der Brennkammer standhält. Die Ergebnisse der vom Forschungszentrum Jülich organisierten Konferenz fließen unter anderem in die Planung des Fusionsreaktors ITER, den nächsten großen Schritt der Fusionsforschung, ein. Noch in diesem Jahr soll über die Auskleidung der Brennkammer entschieden werden. Das wegweisende Fusionsexperiment ITER soll ab 2020 erstmals im Kraftwerksmaßstab die Machbarkeit der Technologie demonstrieren.

Abb.: Wiedererstarrter Wolfram-Tropfen, nach einem Wärmeflussexperiment in der Jülicher Elektronenstrahltestanlage JUDITH. Trotz des hohen Schmelzpunktes von über 3400 Grad Celsius kann das Material in Bruchteilen einer Millisekunde aufschmelzen und anschließend mit sehr bizarren Formen wiedererstarren. (Bild: FZ Jülich )

Auf der Konferenz präsentieren Experten aus über 28 Ländern neue Ergebnisse, die Aufschluss darüber geben, wie sich ausgewählte Werkstoffe unter extremen Belastungen verhalten. Damit spätere Fusionsreaktoren kontinuierlich, ausfallsicher und kostengünstig arbeiten, dürfen die eingesetzten Materialien nur einem geringen Verschleiß unterliegen. Das heiße Gasgemisch in der Brennkammer von ITER erreicht über 100 Millionen Grad. Starke Magnetfelder halten das Plasma von den Gefäßwänden fern. Dennoch lassen sich Wechselwirkungen mit der Wand nicht vollständig vermeiden. Neben ausbrechenden Teilchen wirken eine intensive Neutronenstrahlung, losgelöstes Material und elektromagnetische Kräfte auf die Komponenten ein. Auch die Rückwirkungen durch abgetragenes Material sind zu beachten. Wenn es in das Plasma gelangt, darf es dieses nicht so stark beeinflussen, dass die Fusionsreaktion infolge der Verunreinigung erlischt.

Für die Fusionskammer von ITER waren ursprünglich Schutzkacheln aus Graphit, Wolfram und Beryllium vorgesehen. Nach aktuellen Überlegungen spricht aber vieles dafür, die Innenwand nachfolgender Fusionskraftwerke vollständig mit massivem Wolfram auszukleiden. Das Element mit dem höchsten Schmelzpunkt bei 3422 Grad Celsius kann die Plasmaeigenschaften schon durch kleinste Verunreinigungen negativ verändern. Erste Tests mit einer solchen „ITER-like Wall“ aus Wolfram im weltweit größten Fusionsexperiment JET im britischen Culham fielen aber überraschend positiv aus.

FZ Jülich / DE

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