28.04.2017

Ein Mikroskop im Kugelschreiberformat

Kompakte, faseroptische Sonde gibt Einblick in die mole­ku­lare Struk­tur von bio­lo­gischem Gewebe.

Schnell und ohne spezielle Färbetechniken liefert eine kompakte, faser­optische Sonde Ein­blick in die mole­kulare Struktur von bio­lo­gischem Gewebe. Ein Team des Leibniz-Instituts für photo­nische Techno­logien und der Uni Jena erforschte und ent­wickelte in Zusammen­arbeit mit der Firma Grintech die neue Faser­sonde, die mehrere nicht­lineare Bild­gebungs­ver­fahren zur Gewebe­analyse nutzt.

Abb.: Die neue faseroptische Sonde arbeitet mit mehreren färbe­freien Mikro­skopie­methoden und stellt einen wich­tigen Schritt hin zur endo­sko­pischen Krebs­diagnose dar. (Bild: Leibniz-IPHT)


Mit einem Durchmesser von nur acht Millimetern ist die Sonde etwa so dick wie ein Kugel­schreiber. Damit lässt sich die Techno­logie problem­los in ein Endo­skop inte­grieren und zur multi­modalen Bild­gebung im Körper eines Patienten nutzen. Für die geringe Größe des Sonden­kopfs sorgen Gradienten­index­linsen der Firma Grintech. Im Unter­schied zu her­kömm­lichen sphä­rischen Linsen fokus­sieren sie das Laser­licht mittels konti­nuier­licher Ände­rungen im Brechungs­index des Linsen­materials. Dem Team gelang es, Linsen mit nur 1,8 Milli­meter Durch­messer in die Faser­sonde zu inte­grieren.

„In der miniaturisierten Sonde nutzen wir eine Multi­kern­faser zur Licht­führung. Das ist ein spezi­eller Typ optischer Fasern, der aus mehreren Tausend licht­leitenden Elementen besteht“, erläutert Jürgen Popp, wissen­schaft­licher Direktor am Leibniz-IPHT. „Dieses Faser­design erlaubt es uns, alle beweg­lichen Teile sowie die Strom­ver­sorgung außer­halb des Sonden­kopfs unter­zu­bringen. Dadurch bleibt die Sonde kompakt und ermög­licht ihre ein­fache und sichere Anwen­dung inner­halb des Körpers.”

Bisher entnehmen Ärzte dem Patienten kleine Gewebe­proben, die ein erfah­rener Patho­loge anfärbt und unter dem Mikro­skop auf Tumor­zellen unter­sucht. Mit einem kom­pakten Endo­skop, das die neuen Bild­gebungs­techniken nutzt, könnten Medi­ziner schon während einer Opera­tion gesundes von krankem Gewebe unter­scheiden. So könnten sie wert­volle Zeit im Kampf gegen den Krebs sparen und die Anzahl der chirur­gischen Ein­griffe ver­ringern.

Die schonende Bildgebung basiert auf zeitlich sehr kurzen, inten­siven Licht­pulsen, die von einem Laser erzeugt und durch optische Glas­fasern geleitet werden. Treffen die Licht­pakete auf Gewebe, ent­stehen besondere optische Effekte. „Die verschie­denen Kompo­nenten bio­lo­gischen Gewebes reagieren unter­schied­lich auf die Anre­gung mit hohen Licht­inten­si­täten“, so Popp. „Aus den gewebe­typischen Ant­worten er­halten wir Auf­schluss über dessen mole­kulare Zusammen­setzung und Morpho­logie. Anschlie­ßend setzen wir die Infor­ma­tionen zu einem multi­modalen Bild zusammen, welches Krebs oder andere krank­hafte Gewebe­ver­änder­ungen ent­hüllt.“

Die Forscher testeten die Sonde an verschie­denen Gewebe­typen, darunter Hirn-, Darm- und Haut­gewebe. Im nächsten Schritt wollen Popp und sein Team in Zusam­men­arbeit mit Ärzten und Patho­logen das Mikro­skop in einer klinischen Umge­bung im Tier­modell und an Patienten erproben. Auf­grund des fron­talen Auf­nahme­modus könnte die Techno­logie momen­tan bei der Opera­tion von Haut-, Hirn- und Kopf-Hals-Tumoren Ein­satz finden. Um in Zukunft auch hohle Organe wie Darm und Blase sowie Blut­gefäße unter­suchen zu können, arbeiten die Wissen­schaftler an einer Sonden­version, die ihnen auch einen Blick um die Ecke erlaubt.

Leibniz-IPHT / RK

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