Ein Mosaik der Erde in 3D
Nach einem Jahr hat der deutsche Erdbeobachtungssatellit Tandem-X zusammen mit seinem Zwillingssatelliten Terrasar-X die Landflächen der Erde zum ersten Mal komplett abgebildet.
Seit einem Jahr bewegen sich die beiden deutschen Radarsatelliten Tandem-X und Terrasar-X nur wenige hundert Meter voneinander entfernt in enger Formation im All. Stück für Stück nehmen sie die Erde aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf und senden hochauflösende Radardaten aus ihrer Umlaufbahn in 514 Kilometern Höhe zu den drei Bodenstationen in Kiruna (Schweden), Inuvik (Kanada) und O’Higgins am Südpolarkreis. Im Lauf des Jahres 2011 wurde der Abstand immer weiter bis auf die minimal zulässigen 150 Meter verkleinert.
Abb.: Dieses Mosaik zeigt Island, das erstmals mit Tandem-X aus dem Weltraum vermessen wurde. (Bild: DLR)
Nach dem Start von Tandem-X am 21. Juni 2010 folgte eine sechsmonatige Testphase, in der die Wissenschaftler den Satelliten und sein Verhalten in der erdnahen Umlaufbahn überprüft und kalibriert haben. In dieser Zeit begann auch der Formationsflug mit dem 2007 gestarteten baugleichen Partnersatelliten Terrasar-X. Am 14. Dezember 2010 konnte dann der operationelle Betrieb, also das eigentliche Sammeln der Daten für das Höhenmodell, starten.
Dabei wird ein Gebiet stereoskopisch von zwei unterschiedlichen Punkten aus per Radar abgebildet. Unterschiede, zum Beispiel in den Kabellängen der beiden Radarinstrumente, aber auch der Abstand zwischen den beiden Satelliten, müssen präzise kalibriert werden.
Die Aufnahme-Streifen der beiden Radarsatelliten werden zu 50 mal 30 Kilometer großen Höhenmodellen verarbeitet. Tandem-X und Terrasar-X sollen bis Mitte 2013 die komplette Landoberfläche der Erde, also rund 150 Millionen Quadratkilometer, mehrfach vollständig erfassen. Daraus wird ein globales, homogenes, dreidimensionales und hochgenaues Höhenmodell entstehen, das für kommerzielle und wissenschaftliche Zwecke gleichermaßen interessant ist.
Ursprünglich waren mindestens zwei vollständige Abdeckungen vorgesehen. Für einzelne Teile der Erdoberfläche, beispielsweise den Großteil Australiens, hat das Satelliten-Duo aber schon jetzt, nach dem ersten Überflug, Daten mit ausreichender Qualität aufgenommen. Die Genauigkeit hängt davon ab, wie gut der Boden die Radarpulse reflektiert, die von den Satelliten ausgesendet und wieder empfangen werden. Die Sahara beispielsweise sei schwieriger zu erfassen, da dort das Signal im wahrsten Sinne des Wortes „versandet", sagen die Forscher. Auch Gebiete mit dichter Vegetation, zum Beispiel Regenwälder, erforderten zusätzliche Aufnahmen mit speziell angepasstem Satellitenabstand.
„Wir wollen das System Erde besser verstehen und verwenden die Daten zum Beispiel für die Klimaforschung oder die Verkehrsforschung", sagt Irena Hajnsek, wissenschaftliche Tandem-X-Koordinatorin. 2011 hat die Wissenschaftlerin 166 beim DLR eingereichten Forschungsanträgen „grünes Licht“ gegeben: Die meisten stammen aus den USA und aus Deutschland.
Die Tandem-X-Fähigkeiten sollen für Fragen der Landschaftsnutzung und Vegetation, der Hydrologie, Geologie oder auch Glaziologie genutzt werden. Die Erdbeobachtungssatelliten können also auch Informationen zur Schneehöhe oder zur Veränderung der Eismassen an den Polen oder geologische Karten aus Vulkanregionen und Erdbebengebieten liefern. Die Geschwindigkeit von Schiffen oder Fahrzeugen im Straßenverkehr kann ebenso dokumentiert werden wie Veränderungen in der Natur. Auch für die Landwirtschaft ist die Arbeit der beiden Radarsatelliten wertvoll: Anhand der Höhe und der Struktur einer Pflanze, beispielsweise Raps, lassen sich zum Beispiel Rückschlüsse auf die Qualität und die Biomasse dieser Pflanze ziehen.
DLR / PH