Ein neuer Heiliger der Physik
Ein „Gespenst im Nachthemd“ oder ein großes Kunstwerk. Die wechselhafte Geschichte des ersten Planck-Denkmals.
Ein „Gespenst im Nachthemd“ oder ein großes Kunstwerk. Die wechselhafte Geschichte des ersten Planck-Denkmals.
Seit dem 21. Oktober ist am zweiten Standort des DESY in Zeuthen bei Berlin ein Nachguss des Max-Planck-Denkmals des Bildhauers Bernhard Heiliger zu sehen. Die 2,5 Meter hohe Statue hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich und war immer wieder Gegenstand heftiger Kontroversen, die auch nicht zuletzt in den „Physikalischen Blättern“ ihren Niederschlag gefunden haben (Links zu den Originalbeiträgen als PDF siehe unten). Sie zeigen, wie trefflich sich über Geschmack streiten lässt und wie rasch Kunst zum Politikum werden kann.
Abb.: Die Planck-Statue von Bernhard Heiliger
Bernhard Heiliger (1915 bis 1995), der zu den bedeutendsten Bildhauern der Nachkriegszeit zählt, schuf das Standbild von Max Planck 1949 im Auftrag der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für den Ehrenhof der Humboldt-Universität. Das ideologische Klima in der DDR setzte jedoch kulturpolitische Debatten in Gang, die schließlich dazu führten, dass die Statue 1950 in den Garten des Gästehauses der Akademie nach Zeuthen verbannt wurde. Als ein Zweitguss des Planck-Denkmals 1952 in Köln aufgestellt werden sollte, bekundete Ernst Brüche, der damalige Herausgeber der Physikalischen Blätter, mit einem polemischen Beitrag sein Missfallen über die Statue und fachte damit erneut eine Debatte an. Neben einem Foto von Heiliger und seinem Planck-Denkmal hatte er nur „Ceterum censo … esse delendam“ („Im übrigen meine ich … zerstört werden muss“) geschrieben. Leserbriefschreiber brandmarkten dies als Aufruf zu einer „ungeistigen Handlung“ und erinnerten an die Verfolgung von Künstlern im Dritten Reich, andere schlossen sich der Kritik an und verglichen das Standbild mit einem „Gespenst im Nachthemd“.
Aufgrund der breiten Ablehnung verschwand das Planck-Standbild für zehn Jahre im Depot des Wallraf-Richartz-Museums. Dann aber schlug der Museumsdirektor dem Gartenbaudirektor Schönbohm vor, die Plastik auf dem Gelände des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung aufzustellen. Der Institutsdirektor Joseph Straub stimmte diesem Vorschlag zu, sodass die Statue ab 1963 wieder zur Betrachtung freigegeben war. Auch hier schlugen die Wellen in den Physikalischen Blättern hoch. „Das ist doch wohl eher ein Denkmal des längst ‚unsterblichen’ Doktor Mabuse“, schrieb ein Leser. Der Chemie-Nobelpreisträger Adolf Butenandt machte sich dagegen für das Denkmal stark und schrieb: „Ich finde die Plastik ausgezeichnet und halte sie für ein großes Kunstwerk.“
Das Original der Skulptur holte 1973 das damalige Institut für Hochenergiephysik, heute ein Standort von DESY, auf sein Gelände. Seit 2006 steht das Denkmal wieder an seinem ursprünglichen Platz im Ehrenhof der Universität. Im Jahre 2010 beauftragte das DESY mit Genehmigung der Bernhard-Heiliger-Stiftung einen Nachguss, der seit 21. Oktober in Zeuthen zu sehen ist.
Statt eines weggeschlossenen Denkmals gibt es nun drei öffentlich zugängliche Exemplare. Sie laden dazu ein, einen unverbrauchten Blick auf das Kunstwerk von Bernhard Heiliger zu werfen und sich auch mit Max Planck als einem der bedeutendsten deutschen Physiker des 20. Jahrhunderts auseinanderzusetzen.
Alexander Pawlak
Weitere Infos
- Die Diskussionen um das Planck-Denkmal in den Physikalischen Blättern in den Jahren 1952, 1953 und 1963 (PDF, 7 MB)
- Bernd-Heiliger-Stiftung:
http://www.bernhard-heiliger-stiftung.de/
- Sonderheft des Physik Journals (März 2008) zum 150. Geburtstag von Max Planck:
http://www.pro-physik.de/Phy/pjtoc/26628/3
- Dieter Hoffmann, Max Planck, C. H. Beck, München (2008)
http://www.pro-physik.de/Phy/bookReviewDetail/3/28295
AH