30.11.2018

Ein Quasar auf dem Seziertisch

Gravity-Aufnahmen zeigen erstmals innere Struktur eines Milliarden Lichtjahre entfernten Quasars.

Vor mehr als fünfzig Jahren identifizierte der Astronom Maarten Schmidt das erste „quasi-stellare Objekt" oder Quasar, genannt 3C 273, als extrem hellen, aber weit entfernten Himmels­körper. Das Forschungsteam konnte die Masse des Schwarzen Lochs mit bisher unerreichter Genauig­keit messen. Diese Vermessung bestätigt die Annahmen, die bei der Vermessung der Masse von schwarzen Löchern in Quasaren zugrunde gelegt werden. Diese Massen sind wiederum ein essentieller Baustein zum Verständnis der Entwicklung von Galaxien.

Abb.: Optisches Bild des Quasars 3C273, aufgenommen mit dem Hubble-Weltraum­teleskop. Es war der erste Quasar, der jemals identifiziert wurde. (Bild: ESA / Hubble / NASA)

Das Instrument Gravity lieferte nun Bilder aus dem Innern des Quasars und beobachtete die Struktur des sich schnell bewegenden Gases um das zentrale schwarze Loch. Bisher waren solche Beobachtungen aufgrund der geringen Winkel­größe dieser inneren Region, die etwa der Größe unseres Sonnen­systems entspricht, aber 2,5 Milliarden Licht­jahre entfernt ist, nicht möglich. Gravity kombiniert alle vier VLT-Tele­skope der ESO mittels Inter­fero­metrie, was einen enormen Gewinn an Winkel­auflösung ermöglicht und einem Tele­skop mit 130 Metern Durch­messer ent­spricht. So können die Astronomen Strukturen auf der Ebene von zehn Mikro­bogen­sekunden unterscheiden, was etwa 0,1 Lichtjahren in der Entfernung des Quasars (oder eines Objekts von der Größe einer Ein-Euro-Münze auf dem Mond) entspricht.

„Mit Gravity konnten wir erst­mals die so genannte ‚broad-line region‘ auflösen und die Bewegung einzelner Gas­wolken um das zentrale schwarze Loch beobachten“, sagt der Hauptautor der Studie, Eckhard Sturm vom Max-Planck-Institut für extra­terrestrische Physik (MPE). „Unsere Beobachtungen zeigen, dass die Gas­wolken um das zentrale Schwarze Loch wirbeln.“

Die breiten Emissions­linien von Atomen sind ein charakteristisches Kenn­zeichen von Quasaren und ein eindeutiger Hinweis auf den extra­galaktischen Ursprung der Strahlung. Die Größe des dazu gehörenden Bereichs konnte bisher aber nur mit der Methode des „Reverberation Mapping" (Echo-Kartierung) bestimmt werden. Helligkeits­schwankungen im Zentrum des Quasars verursachen ein Licht­echo, wenn die Strahlung weiter außen auf Materie trifft – je größer das System, desto später das Echo. Im besten Fall kann zudem die Bewegung des Gases ermittelt werden, was oft auf eine rotierende Scheibe hindeutet. Dieses aus einer Laufzeit­information abgeleitete Ergebnis kann nun mit räumlich aufgelösten Beobachtungen mit Gravity über­prüft werden.

„Unsere Ergebnisse unterstützen die grund­legenden Annahmen der ‚Reverberation Mapping‘-Methode", bestätigt Jason Dexter, einer der führenden Autoren der Studie am MPE. „Informationen über die Bewegung und Größe der Region unmittel­bar um das schwarze Loch sind entscheidend für die Messung seiner Masse", fügt er hinzu. Erstmals wurde das herkömmlich Verfahren nun experimentell erfolgreich getestet und bestätigte bisherige Massen­schätzungen von rund 300 Millionen Sonnen­massen für das Schwarze Loch. Somit liefert Gravity nicht nur eine Bestätigung der bisher haupt­sächlich eingesetzten Methode zur Bestimmung der Masse von schwarzen Löchern in Quasaren, sondern auch eine neue und hoch­genaue, unabhängige Methode zur Messung dieser Massen. Ein verlässlicher Maßstab für die Messung der Masse von schwarzen Löchern in Tausenden steht damit in Aussicht.

„Dies ist das erste Mal, dass wir die unmittelbare Umgebung eines riesigen schwarzen Lochs außerhalb unserer Heimat­galaxie, der Milch­straße, räumlich aufgelöst untersuchen können", betont Reinhard Genzel, Leiter der Infrarot-Forschungs­gruppe am MPE. „Schwarze Löcher sind faszinierende Objekte, die es uns ermöglichen, die Physik unter extremen Bedingungen zu erforschen – und mit Gravity können wir sie jetzt sowohl nah als auch fern untersuchen."

MPE / DE

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