Ein revolutionäres Gel neuen Typs
Forscher können nach Belieben die Transparenz, elektrischen Eigenschaften oder Festigkeit eines Gelgemischs verändern.
Gels sind vielerorts anzutreffen: in Kontaktlinsen, Sensoren, verschiedenen Tinten, medizinischen Elektroden und in Brustimplantaten. Für Forschende und Produktehersteller sind sie aufgrund ihrer extremen Saugfähigkeit sowie ihrer Geschmeidigkeit und Haftfestigkeit von Interesse. Da sie aus einem Netzwerk solider Teilchen bestehen, können sie bis zu 99 Prozent Flüssigkeit zurückbehalten, ohne dass sich ihre Form verändert. Nun erklären Wissenschaftler der ETH Lausanne, dass es ihnen gelungen ist, zwei unterschiedliche Gele in einem neuen Material zusammenzuführen, dessen Eigenschaften fast nach Belieben kontrolliert und verändert werden können.
Abb.: Entstehung eines Bigels mit einem Packungsverhältnis von 25 Prozent. (Bild: Foffi-Gruppe)
Ausgangspunkt des neuen Materials war die von Giuseppe Foffi gemachte Entdeckung, dass die Durchsichtigkeit der Augenlinse von der Mischung zweier Proteine mit bestimmten Eigenschaften abhängt. Foffi hat die Resultate seiner Forschung auf Gele im Allgemeinen übertragen und kann nun voraussagen, wie sich zwei Materialien zu einem neuen Geltyp zusammenfügen. Ein solches, von den Forschern „Bigel“ genanntes Material, hat eine Gruppe um Erika Eiser in Cambridge nun hergestellt. Die Wissenschaftler haben dafür mittels einer Spezialmethode DNS-Fragmente mit Nanopartikeln zusammengebracht. Je nach Art der Partikel, die mit der DNS verbunden werden, entstehen Gele mit definierten Eigenschaften.
Wird die Größe des mikroskopischen Teilchennetzes des Bigels verändert, so wandeln sich dessen optische Eigenschaften. Die Physiker können dadurch festlegen, auf welches Licht das Gel reagiert, indem es mehr oder weniger undurchsichtig wird. Eine interessante Eigenschaft im Bereich der Photonik, wenn es darum geht, die Übertragung der Lichtsignale gezielt zu verstärken oder abzuschwächen. Dieselbe Art von Formbarkeit ist auch bei elektrischen Eigenschaften vorstellbar.
Abb.: Gel (Mono) bei einem Packungsverhältnis von 12,5 Prozent. (Bild: Foffi-Gruppe)
Ein weiterer möglicher Vorteil von Bigelen ist ihre Reversibilität: Es genügt, das Bigel zu erwärmen, um es in seine Komponenten zu zerlegen. Deshalb kann sich Foffi Materialien vorstellen, deren Eigenschaften von der Temperatur abhängen. Die Bigele ebnen den Weg für zahlreiche Anwendungen. Die Eigenschaften der neuen Materialien werden durch das Zusammenbringen von Molekülen mit bestimmten elektromagnetischen Eigenschaften beeinflusst, aber auch durch Veränderungen in der Geometrie des Teilchennetzes. „Diese Methoden lassen sich nicht nur bei Gelen, sondern auch bei vielen anderen Materialien anwenden, zum Beispiel bei Schäumen und Tinten“, sagt Foffi. Er rechnet damit, dass er bei der Erforschung dieser Stoffe vom Mikro- in den Nanobereich übergehen wird. Zudem möchte er allfällige „Trigele“ und andere „Polygele“ untersuchen.
SNF / PH