05.04.2018

Ein Schwarm schwarzer Löcher

Röntgenstrahlung verrät Überreste masse­reicher Sterne im galak­tischen Zentrum.

Im Zentrum einer jeden Galaxie sollte es nicht nur ein super­masse­reiches schwarzes Loch mit der millionen- oder milliarden­fachen Sonnen­masse geben, sondern zudem auch eine stark erhöhte Anzahl stellarer schwarzer Löcher. Denn zum einen ist die Zentral­region einer Galaxie reich an Gas und Staub und damit die perfekte Brut­stätte für masse­reiche Sterne, aus denen inner­halb weniger Millionen Jahre schwarze Löcher ent­stehen. Zum anderen ver­lieren schwarze Löcher, die von weiter außen durch ein Galaxien­zentrum hin­durch wandern, unter dem Ein­fluss des super­masse­reichen schwarzen Lochs an Bewegungs­energie und sammeln sich daher in dessen Nähe an.

Abb.: Röntgenbild des Satelliten Chandra vom Zentrum der Milch­straße. Die Punkte im inneren gelben Kreis (ein Parsec) markieren die Posi­tionen der auf­ge­spürten Röntgen­quellen. Die aus­ge­dehnte Röntgen­quelle im Zentrum ist das super­masse­reiche schwarze Loch. (Bild: C. J. Hailey et al. / NPG)

Die Stellardynamik sagt für unsere Milchstraße beispiels­weise die Existenz von bis zu 20.000 stellaren schwarzen Löchern im zentralen Parsec um das super­masse­reiche schwarze Loch voraus. Doch bis­lang waren alle Versuche, ein der­artiges Maximum in der Häufig­keit stellarer schwarzer Löcher im galak­tischen Zentrum nach­zu­weisen, erfolg­los. Der Grund dafür ist simpel: Die meisten stellaren schwarzen Löcher ver­halten sich ruhig, senden also keine auf­fällige Strahlung aus. Einzig solche schwarzen Löcher, auf die Materie von einem zweiten Stern ein­fällt, ver­raten sich durch spora­dische Aus­brüche von Röntgen­strahlung.

Doch auch die Suche nach gut nachweisbaren, energie­reichen Röntgen­aus­brüchen von Doppel­systemen mit stellaren schwarzen Löchern ist wenig erfolg­ver­sprechend, denn sie sind selten: Nur alle paar hundert Jahre wäre eine solcher verräte­rischer Röntgen­aus­bruch aus dem Milch­straßen­zentrum zu erwarten. Charles Hailey von der Columbia Univer­sity und seine Kollegen haben deshalb jetzt in den Archiv­daten des Röntgen­satelliten Chandra nach Spuren von schwarzen Löchern in Doppel­systemen in ihrer ruhigen Phase gesucht – denn auch dann stoßen sie ab und an, wenn auch schwach, Röntgen­strahlung aus. Und das Team wurde fündig: Ins­gesamt zwölf Objekte spürten die Forscher in den Chandra-Daten auf, deren bis­lang über­sehene Röntgen­strahlung charak­teris­tisch für schwarze Löcher in Doppel­systemen ist.

Aus den Eigenschaften der Röntgenstrahlung und der räumlichen Ver­teilung dieser Objekte schließen Hailey und seine Kollegen auf ins­gesamt 300 bis 500 schwarze Löcher in Doppel­systemen und darüber hinaus auf 10.000 isolierte stellare schwarze Löcher im zentralen Parsec der Milch­straße. „Damit bestätigen unsere Ergeb­nisse die theore­tischen Vorher­sagen“, stellt Hailey fest. Aber die Beob­ach­tungen seien auch darüber hinaus von astro­physi­ka­lischer Bedeu­tung, betont der Forscher: „Die Milch­straße ist die einzige Galaxie, bei der wir beob­achten können, wie kleine schwarze Löcher mit dem großen, zentralen schwarzen Loch wechsel­wirken. Damit erhalten wir beispiels­weise Infor­ma­tionen über die Art von Gravi­tations­wellen, die von diesen schwarzen Löchern erzeugt werden.“ Das galak­tische Zentrum werde für die Astro­nomen damit zu einer Art Labor für die Erforschung schwarzer Löcher und für die Vorher­sage der Häufig­keiten unter­schied­licher Gravi­ta­tions­wellen-Ereig­nisse, wie sie von den großen Detektor­anlagen Ligo und Virgo nach­ge­wiesen werden können.

Rainer Kayser

RK

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