Ein Stück Sonne fangen
Ein Stuntman soll für die NASA einen Fallschirm einfangen und so wenige Gramm kleinster Teilchen aus dem Sonnenwind sicher zur Erde bringen.
Ein Stück Sonne fangen
Ein Stuntman soll für die NASA einen Fallschirm einfangen und so wenige Gramm kleinster Teilchen aus dem Sonnenwind sicher zur Erde bringen.
Washington (dpa) - Für Hubschrauber-Pilot Dan Rudert sind gewagte Stunts in Hollywood-Filmen wie «Charlie's Angels» keine große Kunst. Sein neuer Auftrag ist jedoch eher ungewöhnlich: Der Stuntman soll wie in einem Action-Film für die US-Raumfahrtbehörde NASA «ein Stück Sonne» fangen. Am kommenden Mittwoch (8. September) wird das Raumfahrzeug «Genesis» eine 1,52 Meter große und 210 Kilogramm schwere Kapsel abwerfen. Darin befinden sich ganz wenige Gramm kleinster Teilchen aus dem Sonnenwind. Diese waren während der 27 Monate im All an fünf mit Gold, Diamanten, Saphiren und Silikon beschichteten Kollektoren haften geblieben.
Die Kapsel soll nach ihrem Eintritt in die Erdatmosphäre an einem Fallschirm und einem großen Gleitsegel auf ein Trainingsgelände der US-Luftwaffe rund 112 Kilometer westlich von Salt Lake City (US-Bundesstaat Utah) zur Erde zurückgleiten. Dann kommt der große Auftritt für Stuntman Rudert. In einer Höhe von 1200 Meter soll er sich das zehn Meter lange und drei Meter breite Gleitsegel schnappen. Dazu ist unter seinem Hubschrauber eine rund sechs Meter lange Stange mit einem überdimensionalen Haken angebracht worden. Schlägt der Versuch fehl, greift der zweite, in rund 600 Meter Höhe positionierte Pilot ein. Beide Besatzungen haben für ihre Fangversuche knapp zehn Minuten Zeit. «Die zehn Minuten werden wie Folter sein», sagt der Leiter der Flugoperation Roy Haggard.
Von Ruderts Flugkünsten und denen seines Kollegen Cliff Fleming hängen damit maßgeblich Erfolg oder Misserfolg einer 260 Millionen Dollar (214 Millionen Euro) teuren Weltraummission ab. Scheitern die Piloten mit ihren Flugkünsten und schlägt die Kapsel ungebremst auf dem Wüstenboden auf, dann könnten die einsammelten Spuren aus dem Sonnenwind unwiderbringlich zerstört werden und verloren gehen.
Alle elf Probeversuche, einen ähnlichen Fallschirm an den Haken zu bekommen, sind geglückt. (Quelle: NASA/JPL)
Vor gut drei Jahren, am 8. August 2001, war «Genesis» von der Erde aus gestartet. Am 30. November entfalteten sich die Kollektoren und sammelten 884 Tage lang Spuren aus dem Sonnenwind. «Genesis wird kleine, aber sehr kostbare Spuren zurückbringen, deren Daten entscheidend sind für das Verständnis der Sonne und der Bildung unseres Sonnensystems», sagt Donald Burnett vom «California Institute of Technology» im kalifornischen Pasadena. Die eingesammelten Atome, glauben die Wissenschaftler, könnten beispielsweise Aufschluss geben, wie sich vor Milliarden von Jahren in den frühen Tagen unseres Sonnensystems die Planeten herausgebildet haben.
Sollte alles gut gehen, dann bringt die NASA erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder Spuren aus dem Weltall zur Erde. 1972 kehrte die Crew von Apollo 17 mit einer Kollektion von Mondgestein zurück.
Stuntman Rudert ist um seinen neuen Job nicht bange. Alle elf Probeversuche, einen ähnlichen Fallschirm an den Haken zu bekommen, sind geglückt. Sollte dennoch beispielsweise das Wetter den Piloten einen Strich durch die Rechnung machen, hat die NASA einen Rettungsplan in der Hinterhand. «Genesis» wird dann die Kapsel nicht abwerfen, sondern bis zum nächsten Versuch sechs Monate lang einfach im Orbit parken.
Hans Dahne, dpa
Weitere Infos:
Genesis-Seite der NASA:
http://genesismission.jpl.nasa.gov