''Ein Traum kennt bekanntlich keine Grenzen''
Interview mit dem stellvertretenden südafrikanischen Minister für Wissenschaft und Technik, Derek Hanekom.
"Ein Traum kennt bekanntlich keine Grenzen"
Physik Journal – Interview mit dem stellvertretenden südafrikanischen Minister für Wissenschaft und Technik, Derek Hanekom.
Pünktlich zur Fußball-WM wurde im Wissenschaftszentrum Sci-Bono*) in Johannesburg die Ausstellung „Is the ball round?" eröffnet. Dort sprach DPG-Mitglied Michael Schaaf, der z. Zt. an der Deutschen Internationalen Schule Johannesburg Physik, Mathematik und Informatik unterrichtet, mit Derek Hanekom, dem stellvertetenden südafrikanischen Minister für Wissenschaft und Technik. Derek Hanekom (57) wurde in den 80er-Jahren wegen seines Engagements gegen die Apartheitspolitik mehrmals inhaftiert und musste schließlich das Land verlassen. In der Regierung von Nelson Mandela war er Landwirtschaftsminister. Seit 2004 ist er stellvertretender Minister für Wissenschaft und Technik.
Abb.: Michael Schaaf (links) mit dem stellvertretenden südafrikanischen Minister für Wissenschaft und Technik, Derek Hanekom (Bilder: Michael Schaaf).
Michael Schaaf: Welche Bedeutung hat die Fußballweltmeisterschaft für Ihr Ministerium?
Derek Hanekom: Egal aus welchem Ministerium man ist, die Weltmeisterschaft ist für alle Südafrikaner sehr wichtig. Für uns ist dies eine hervorragende Gelegenheit, jungen Menschen zu helfen, die Wissenschaft hinter den Dingen zu sehen und ihnen die Erfahrung zu vermitteln, dass hinter allem, was wir tun (egal ob beim Singen, Tanzen oder in der Medizin) Wissenschaft und die Chance etwas hinzuzulernen stecken. Da Südafrika ein so sportbegeistertes Land ist, glauben wir, dass der Sport eine wichtige Trägerfunktion hat und sich z. B. die Liebe zum Fußball nutzen lässt, um ein Interesse an der Wissenschaft zu entwickeln.
Wo sehen Sie für Südafrika die Hauptherausforderung, wenn es um die Förderung der Naturwissenschaften geht?
Wir haben noch immer einige ausgezeichnete Wissenschaftler und wirklich gute Forscher, doch wir besitzen nicht mehr die kritische Masse. Man muss an den Schulen ansetzen. Die Herausforderung besteht übrigens nicht nur auf dem Gebiet der Naturwissenschaften, sondern ganz klar auch in der Mathematik. Zwar ist Mathematik Pflichtfach an den Schulen, doch die mathematischen Leistungen unserer Schüler sind extrem schwach und es gibt eine sehr hohe Durchfallquote. Unsere Schulen sind, nicht zuletzt als Folge der Politik in der Vergangenheit, in einem schlechten Zustand mit überfüllten Klassenräumen usw. Wohl am wichtigsten ist auch die Qualität der Bildung. Viele Lehrer, die Mathematik und Naturwissenschaften unterrichten, sind nicht ausreichend qualifiziert, um vernüftig unterrichten zu können.
Was wollen Sie dagegen tun?
Das beginnt bereits ganz unten. Weil wir in einem Land mit viel Armut leben, kommen z. B. viele Kinder mit leerem Magen in die Schule. Wir haben daher ein großes Ernährungsprogramm an den Schulen eingerichtet, in dem die Kinder erst einmal etwas zu essen bekommen. Wie Sie sehen, stehen wir vor ziemlich grundlegenden Herausforderungen. Wir müssen vor allem im Bereich der Primärausbildung viel Geld investieren und tun dies bereits, denn hier liegt auch die Basis für die spätere weiterführende Bildung. Das Ministerium für Wissenschaft und Technik engagiert sich dafür, Schülern Zusatzunterricht zu erteilen, junge Talente z. B. durch Wissenschafts- und Mathematikolympiaden zu fördern und jungen Wissenschaftlern auch nach der Universität Forschungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Wo sehen Sie Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit deutschen Einrichtungen?
Deutschland ist bereits auf vielen Gebieten aktiv. Das Ministerium für Wissenschaft und Technik hat zahlreiche Vereinbarungen mit der deutschen Regierung. Es gibt eine Reihe von Kooperationen innerhalb dieses Abkommens und wir arbeiten auch auf Forschungsgebieten zusammen. Die Deutsche Botschaft hat z. B. dauerhaft den Posten eines Wissenschaftsattachés in ihrem Stab geschaffen. Die deutsche Unterstützung für Aktivitäten und Projekte in Südafrika ist ziemlich breit gefächert. Da gibt es das Goethe-Institut, die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Stiftungen, wie z. B. die Friedrich-Ebert-Stiftung und zahlreiche direkte Partnerschaften zwischen Universitäten und deutschen Einrichtungen.
Wie z. B. mit der Göttinger Universität beim South African Large Telescope?
Genau. Es gibt eine Zusammenarbeit auf vielen Ebenen. Jedesmal wenn ich eine der zahlreichen technischen Einrichtungen in Südafrika besuche, bin ich immer wieder von neuem überrascht zu sehen, wie viele dieser Institute intensive Partnerschaften mit deutschen Institutionen pflegen.
Abschließend noch eine Frage zur gerade stattfindenden Fußballweltmeisterschaft: Wie sehen Sie die Chancen von Bafana Bafana?
Sie haben uns alle überrascht. Ich denke ihre Leistung in der zweiten Hälfte des Eröffnungsspiels war sehr gut und sie haben ganz klar gezeigt, was sie können.
Wie sähe Ihr Traumfinale aus?
Nun, ein Traum kennt bekanntlich keine Grenzen. Also: Bafana Bafana, die gegen irgendeine Mannschaft spielen und gewinnen!
*) Das Wissenschaftszentrum Sci-Bono in Johannesburg beherbergt seit 2006 auf über 1200 Quadratmetern Ausstellungsfläche Exponate zur Technikgeschichte und Evolution, darunter auch zahlreiche physikalische Experimente zum Selbstausprobieren. Damit ist das Sci-Bono das größte Wissenschaftsausstelllungszentrum Afrikas und Kristallisationspunkt eines der ambitioniertesten Stadterneuerungsprojekte. Die Sonderausstellung zum Fußball ist in Zusammenarbeit mit einem Berliner Museum, der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, dem Goethe-Institut und der Deutschen Botschaft entstanden und zeigt interaktiv einige der Schnittstellen von Wissenschaft und Fußball.
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AH