26.08.2009

Ein unmöglicher Planet

Die Umlaufbahn dieses "heißen Jupiters" ist so extrem, dass es den Planeten eigentlich gar nicht geben dürfte.

Die Umlaufbahn dieses "heißen Jupiters" ist so extrem, dass es den Planeten eigentlich gar nicht geben dürfte.

Die Entdeckung "heißer Jupiter" - also von Riesenplaneten nahe ihrem Zentralstern - ist inzwischen geradezu Routine. Doch nun hat ein internationales Forscherteam einen solchen "heißen Jupiter" aufgespürt, der erneut für Aufregung unter den Astronomen sorgt: Seine Umlaufbahn ist so extrem, dass es den Planeten eigentlich gar nicht geben dürfte. Innerhalb von weniger als einer Million Jahren sollte der Planet in seinen Stern stürzen - doch der Stern ist bereits etwa eine Milliarde Jahre alt.

 

Abb.: Künstlerische Darstellung eines "heißen Jupiters" in einer engen Umlaufbahn um seinen Stern. (Bild: C. Carreau / ESA)

Von den insgesamt knapp 375 Planeten bei anderen Sternen - kurz Exoplaneten -, die von den Himmelsforschern bislang entdeckt worden sind, ziehen etwa 20 Prozent ihre Bahn in einem Abstand von weniger als 0,05 Astronomischen Einheiten. Eine Astronomische Einheit ist der mittlere Abstand der Erde von der Sonne. Der jetzt von Coel Hellier von der Keele University im britischen Staffordshire und seinem Team im Rahmen des "Wide Angle Search for Planets" aufgespürte Himmelskörper WASP-18b kreist sogar in einer Entfernung von nur 0,02 Astronomischen Einheiten mit einer Umlaufzeit von 0,94 Tagen. Es ist erst der zweite Planet mit einer Umlaufzeit unter einem Tag, den die Planetenjäger gefunden haben.

Das Problem: Der extrem kleine Abstand des Planeten führt zusammen mit seiner großen Masse von etwa zehn Jupitermassen zu einer starken Gezeitenwirkung zwischen Stern und Planet. Die Gezeitenkräfte deformieren Stern und Planet. Die so entstehenden Gezeitenberge liegen jedoch bedingt durch die Eigenrotation der beiden Himmelskörper nicht auf einer Linie mit ihren geometrischen Mittelpunkten. Dadurch kommt es zu einer Kopplung zwischen Rotation und Bahnbewegung.

Ein ähnliches Phänomen kennen wir vom System Erde-Mond: Die Gezeitenwirkung hat hier einerseits dazu geführt, dass der Mond der Erde stets die gleiche Seite zuwendet ("gebundenen Rotation"), sowie andererseits dazu, dass der Mond sich langsam von der Erde entfernt. Auch der Planet WASP-18b dürfte aufgrund der Gezeitenwirkung eine gebundene Rotation besitzen. Wie sich die Gezeitenwirkung auf den Durchmesser der Umlaufbahn auswirkt, hängt vom Verhältnis der Umlaufzeit zur Rotationsdauer des Sterns ab.

Dauert der Umlauf des Planeten länger als die Rotation des Sterns, so vergrößert sich der Bahndurchmesser. Das ist beim irdischen Mond der Fall. WASP-18b umkreist seinen Stern jedoch erheblich schneller, als dieser rotiert: Die Rotationsperiode des Sterns beträgt 5,6 Tage. In einem solchen Fall zieht die Gezeitenwirkung den Planeten nach innen. Hellier und seine Kollegen schätzen, dass WASP-18b bereits in rund 650.000 Jahren in seinen Stern stürzt.

Das Alter des Sterns WASP-18 - und damit auch des Planeten WASP-18b - liegt dagegen nach den Schätzungen der Forscher zwischen 0,5 und 1,5 Milliarden Jahren. Demnach wäre es ein extrem unwahrscheinlicher Zufall, den Planeten so unmittelbar vor seinem feurigen Ende aufgespürt zu haben. Allerdings gäbe es auch eine andere Erklärung: Vielleicht ist die Gezeitenwirkung in diesem System erheblich weniger effektiv, als vermutet.

Eine wichtige Rolle spielt dabei der Anteil der durch die Gezeitenwirkung übertragenen Energie, die durch Reibung innerhalb des Sterns dissipiert wird. Diese Größe ist heute nicht allzu genau bekannt und lässt sich nur grob aus Beobachtungen in unserem Sonnensystem abschätzen. Um aus WASP-18b einen "plausiblen" Planeten zu machen, müsste diese Abschätzung jedoch um etwa einen Faktor 1000 falsch sein - auch das erscheint Hellier und seinen Kollegen nicht sehr wahrscheinlich.

Glücklicherweise dürfte es nicht allzu lange dauern, bis sich zwischen diesen beiden Möglichkeiten unterscheiden lässt: Wenn WASP-18b tatsächlich innerhalb von weniger als einer Million Jahren in seinen Stern stürzt, dann sollte sich die damit verbundenen Änderung der Umlaufbahn bereits innerhalb von zehn Jahren nachweisen lassen.

Rainer Kayser

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